Lexikon
Operẹtte
[die; italienisch, kleine Oper]
im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein Werk singspielartigen Charakters. Zu einem Gattungs- und Stilbegriff ist Operette erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts geworden. Sie entstand in Frankreich. In musikalischer Hinsicht bedient sich die Operette nicht der durchkomponierten Form der großen Oper, sie ist vielmehr durch den ausgiebigen Gebrauch von Sprechdialogen zwischen den einzelnen Musiknummern, durch „leichtere“ musikalische Sprache und Tanzeinlagen als Sonderart der komischen Oper anzusehen. Diese Herkunft war auch ihrem eigentlichen Schöpfer, J. Offenbach, bewusst, der seine erst einaktigen, später abendfüllende Gestalt annehmenden Operetten „Opéras bouffes“ nannte. Mit „Orpheus in der Unterwelt“ 1858 und der „Schönen Helena“ 1864, Heroen- und Götterparodien mit zeit- und gesellschaftssatirischer Pointe, errang er der jungen Gattung ersten Weltruhm. Gleichzeitig pflegte F. Hervé in seinen einaktigen Musikschwänken den parodistischen Ton.
Operette (Kulturtabelle).sgm
| Komponisten | Werke |
| Jacques Offenbach (1819–1880) | Orpheus in der Unterwelt (1858); Blaubart (1866) |
| Johann Strauß (1825–1899) | Die Fledermaus (1874); Der Zigeunerbaron (1885); Wiener Blut (1899) |
| Karl Millöcker (1842–1899) | Der Bettelstudent (1882) |
| Paul Lincke (1866–1946) | Frau Luna (1899); Berliner Luft (1904) |
| Franz Lehár (1870–1948) | Die lustige Witwe (1905); Das Land des Lächelns (1929) |
| Emmerich Kálmán (1882–1953) | Die Csárdásfürstin (1915); Gräfin Mariza (1924) |
| Eduard Künneke (1885–1953) | Der Vetter aus Dingsda (1921) |
| Fred Raymond (1900–1954) | Maske in Blau (1937) |
Offenbach, Jacques
Jacques Offenbach
© wissenmedia
In Wien betrat zunächst F. von Suppè mit einaktigen Operetten, vor allem mit der „Schönen Galathee“ 1865, Offenbach’sche Bahnen. Nur zögernd hatte sich J. Strauß zur Operettenkomposition entschlossen, in deren Mittelpunkt er den Wiener Walzer stellte. Ihm verdanken wir die bis heute unübertroffene „Fledermaus“ 1874 und den kaum minder erfolgreichen „Zigeunerbaron“ 1885, der allerdings dem für die spätere Wiener Operette bezeichnenden sentimentalen Einschlag Vorschub leistete. Den bekanntesten Namen erlangte neben Offenbach, Suppé und J. Strauß K. Millöcker, dessen „Bettelstudent“ 1882 am nachhaltigsten Erfolg hatte. An den französischen Stil knüpfte R. Heuberger an, während K. Zeller, der Komponist des beliebten „Vogelhändlers“ 1891, mehr volkstümliche Wirkung erstrebte und den gemütvollen Ländler operettenreif machte. – Diesem ersten Höhepunkt der Wiener Operette folgte nach der Jahrhundertwende eine zweite Generation, angeführt von F. Lehár. Der Erfolg seiner „Lustigen Witwe“ 1905 konkurrierte mit dem der „Fledermaus“. Später gab Lehár seiner Neigung, die Operette mit opernmäßigen Elementen zu durchsetzen, immer deutlicher nach: Früchte dieser Entwicklung waren die mit tragischen Konflikten kokettierenden Werke „Paganini“ 1925, „Der Zarewitsch“ 1927 und „Das Land des Lächelns“ 1929. Neuen Glanz erhielt das verblassende Genre durch das ungarisch gefärbte Musiziertemperament E. Kálmáns, dem mit der „Csárdásfürstin“ 1915, „Gräfin Mariza“ 1924 und der „Zirkusprinzessin“ 1926 drei große Erfolge gelangen.
In Berlin schuf um die Jahrhundertwende P. Lincke die Berliner Volksoperette („Frau Luna“ 1899; „Lysistrata“ 1902). Höheres musikalisches Niveau haben die Operetten des Rheinländers E. Künneke, von denen heute noch „Der Vetter aus Dingsda“ (1921) häufig gespielt wird. Das Streben nach Verfeinerung einerseits und nach durchschlagendem Erfolg mit Hilfe revuehafter Ausstattung andererseits bestimmte die weitere Entwicklung der Operette in den letzten Jahrzehnten und bildete den Ausgangspunkt für das Musical. Außer den klassischen Operetten halten sich u. a. „Im weißen Rössl“ von R. Benatzky 1930, F. Raymonds „Maske in Blau“ 1937 und „Saison in Salzburg“ 1938, N. Dostals „Ungarische Hochzeit“ 1938 und vielleicht auch „Die Trauminsel“ von R. Stolz 1962.
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