Lexikon
Türkei
Die Türkei seit den 1990er Jahren
Die Wahlen von 1991 brachten die Partei des Rechten Weges des ehemaligen Ministerpräsidenten Demirel an die Regierung. Als dieser nach Özals plötzlichem Tod 1993 Staatspräsident wurde, übernahm mit Tansu Ciller erstmals eine Frau das Amt des Ministerpräsidenten. Aus den Neuwahlen 1995 ging die islamistische Wohlfahrtspartei als stärkste politische Kraft hervor. Ihr Führer Neçmettin Erbakan wurde 1996 Ministerpräsident, musste aber unter dem Druck des Militärs nach nur einjähriger Amtszeit zurücktreten; seine Partei wurde 1998 verboten. Der Sozialdemokrat Bülent Ecevit, bereits in den 1970er Jahren Regierungschef, bildete nach den vorgezogenen Wahlen 1999 mit der Partei der Nationalen Bewegung und der Mutterlandspartei eine Koalitionsregierung.
Die Verhaftung und Verurteilung von PKK-Führer Abdullah Öcalan nahm dem Kurdenkonflikt zunächst die Schärfe; das Todesurteil gegen Öcalan wurde nicht vollstreckt. 2000 wählte das Parlament Ahmet Necdet Sezer, den bisherigen Vorsitzenden des Verfassungsgerichts, zum neuen Staatspräsidenten. 2000/01 geriet das Land in eine schwere Finanz- und Wirtschaftskrise. Neuwahlen 2002 gewann die erst ein Jahr vorher von islamistischen Reformern gegründete Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Recep Tayyip Erdogan, die bisherigen Regierungsparteien scheiterten an der Zehn-Prozent-Hürde.
Die Abschaffung der Todesstrafe sowie zahlreiche Verfassungs- und Gesetzesänderungen sollten der Türkei den Weg in die EU ebnen. 2004 empfahl die EU-Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen, die 2005 auch begannen. Das ungelöste Zypernproblem sowie die Lage im Irak bildeten weitere Schwerpunkte der Außenpolitik. Im Innern eskalierte erneut der Kurdenkonflikt. Gleichzeitig verstärkten sich die Spannungen zwischen der AKP-Regierung und dem sich als Hüter einer laizistischen Ordnung verstehenden Militär. Im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl 2007 kam es zu einer von Protesten und Demonstrationen begleiteten politischen Krise, da sich die Armeeführung und Teile der Bevölkerung gegen die Präsidentschaftskandidatur des AKP-Politikers Abdullah Gül stellten. Nach dem Scheitern der Präsidentenwahl fanden im Juli 2007 vorgezogene Parlamentswahlen statt, die die AKP mit klarer absoluter Mehrheit gewinnen konnte. Im August 2007 wurde Gül schließlich zum Staatspräsidenten gewählt. 2007/08 griff die türkische Armee PKK-Stellungen im Nordirak an. Ein Verbotsverfahren wegen anti-laizistischer Bestrebungen (Aufhebung des Kopftuchverbots an Universitäten) gegen die AKP scheiterte 2008 vor dem Verfassungsgericht. Im selben Jahr wurde der Prozess wegen Vorbereitung eines Umsturzversuches gegen mutmaßliche Mitglieder der ultranationalistischen Gruppe Ergenekon eröffnet. Die kurdische Partei der Demokratischen Gesellschaft (Demokratik Toplum Partisi, DTP) wurde 2009 vom Verfassungsgericht verboten. 2010 verübte die PKK mehrere Anschläge, die türkische Armee ging gegen kurdische Stellungen vor. Im Zuge der Annäherung an die EU verbesserte sich trotz der ungelösten Zypernfrage das Verhältnis der Türkei zu Griechenland, so schlossen beide Seiten 2010 mehrere Kooperationsabkommen und verständigten sich über regelmäßige Treffen auf höchster Ebene. Bei den Parlamentswahlen 2011 erreichte die AKP zum dritten Mal in Folge die absolute Mehrheit, verfehlte aber die angestrebte Zweidrittelmehrheit im Parlament, um Verfassungsänderungen ohne bestätigendes Referendum durchsetzen zu können.
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