Dank Autoren wie Christian Kracht oder Rebecca Casati ist das Genre der Popliteratur so angesagt wie nie zuvor. Lesungen von Alexa Hennig von Lange oder Benjamin von Stuckrad-Barre sind inzwischen so gefragt wie Rock-Konzerte - ein sicherer “Sellout“. Mehr noch: Der erst 27-jährige Stuckrad Barre hat unlängst mit seinem Lesezirkel auf MTV fast einen popstar-ähnlichen Status erlangt. Doch wie viel Substanz steckt tatsächlich in der Popliteratur? – Eine Bestandsaufnahme.
Erstaunliche Trendwende
Die Trendwende war erstaunlich: Mitte der 90er-Jahre noch dümpelte der Literaturbetrieb in Deutschland vor sich hin - die Altmeister waren in die Jahre gekommen. Grass und Walser, den letzten großen deutschen Aushängeschildern von Weltruhm, hatten schon längst keine großen Würfe mehr landen können - im Gegenteil: Die letzten Veröffentlichungen Finks Krieg und Ein weites Feld wurden von der Kritik dankbar verrissen.
Auch den großen Amerikanern fehlte es an Impulsen: Die Trias Mailer-Updike-Irving produzierte zwar fleißig veritable Alterswerke, doch die Innovationskraft früherer Werke schien dahin. Schlimmer noch: Während unbekannte Namen, wie Wislawa Szymborska, den Nobelpreis abräumten, scharten Bestseller-Autoren wie John Grisham, Stephen King oder Michael Crichton immer größere Lesermassen um ihre Veröffentlichungen. Immer mehr Menschen, so schien es, kauften und lasen das Gleiche - Literatur, dieses einst höchste Kulturgut menschlicher Sublimierung, schien zur Einheitsware zu verkommen.