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Digitale Mobilität: Wie gut sind deutsche Städte vorbereitet?

Ob intelligente Autos, mitdenkende Ampeln oder Elektrofahrzeuge auf Abruf: Längst beeinflusst die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung auch den Verkehr. Vor allem in den Städten bedeutet dies aber auch: Die passende Infrastruktur muss her. Wie gut die deutschen Großstädte auf die digitale Mobilität und neue Entwicklungen im Verkehrsbereich vorbereitet sind, haben jetzt Forscher getestet.
NPO / DLR, 22.06.2017

Hamburg steigt um: 2033 soll die Busflotte der städtischen Verkehrsbetriebe ausschließlich aus emissionsfreien Fahrzeugen bestehen.
Elektroautos, Carsharing, intelligente Transportsysteme - die Mobilität in den Städten hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Auch Fahrzeuge mit automatischen Funktionen, wie selbstständiges Bremsen oder Einparkassistenten, sind stark im Kommen. Sogar komplett selbstfahrende PKW und LKW sind keine Utopie mehr, Experten rechnen mit einer Einführung ab 2025. In Singapur sind schon seit 2016 fahrerlose Taxis auf einer Teststrecke unterwegs und in den Niederlanden kommen fahrerlose Busse auf Firmengeländen oder Universitätsanlagen zum Einsatz.

"Autonomes Fahren kann einen wichtigen Beitrag für den ÖPNV und die Entsorgungswirtschaft leisten", sagt Dirk Heinrichs vom DLR-Institut für Verkehrsforschung. "Die Kommunen müssen jetzt Konzepte zum schrittweisen Aufbau von der IT- und physischer Infrastruktur in ihren Planungen verankern, nur so werden sie bis zur größeren Markteinführung von autonomen Fahrzeugen bereit stehen."

PwC-Städte-Ranking zu Mobilität und Digitalisierung

PwC

25 deutsche Städte im Test

All diese neuen Entwicklungen im Verkehrsbereich verändern künftig und schon heute unsere Mobilität. Gleichzeitig bringen sie technische Anforderungen an ihre Umgebung und die Infrastruktur mit sich: Elektroautos benötigen Ladestationen, Ampeln und Fahrbahnmarkierungen müssen von Fahrassistenzsystemen erkannt und verstanden werden. Aber sind unsere Städte auf diese Anforderungen vorbereitet?

Wie gut und innovativ sich die 25 größten Städte in Deutschland auf Digitalisierung, Elektromobilität und autonomes Fahren vorbereiten, haben Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR)  gemeinsam mit der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) untersucht. Die Forscher untersuchten beispielsweise, ob die Städte Daten über das Verkehrsaufkommen erfassen und zur Verfügung stellen, wie gut Carsharing-Angebote sind oder die Anzahl der Ladesäulen für Elektrofahrzeuge.

Keine Utopie mehr: smarte Verkehrsleitsysteme

Pixabay /DLR

"Erst ganz am Anfang"

Das Ergebnis: Im internationalen Vergleich hinken die deutschen Großstädte der Entwicklung noch hinterher. Nur zehn schafften es, mehr als die Hälfte der möglichen 100 Punkte zu erhalten. Dies sind Hamburg, Stuttgart, Berlin, München, Köln, Bremen, Leipzig, Hannover, Frankfurt und Karlsruhe. Hinzu kommt: "Zwischen den vorderen und hinteren Plätzen klafft eine große Lücke", stellt Heinrichs fest. "Hier sehen wir die Gefahr, dass diese Städte in der rasanten digitalen Entwicklung den Anschluss verlieren."

Nach Einschätzung der Experten hat demnach die Digitalisierung der Mobilität in deutschen Städten zwar schon begonnen, aber sie steht vielerorts noch ganz am Anfang der Entwicklung. Viele

Aktivitäten und Maßnahmen werden erst in kleinem Maßstab in Pilotprojekten getestet und sind weit von einer flächendeckenden Umsetzung entfernt. Großstädte in anderen Ländern, darunter auch Amsterdam oder Singapur, sind da teilweise schon viel weiter.

Aber immerhin: In allen getesteten Städten gibt es schon eine virtuelle Parkplatzsuche und auch Verkehrsdaten zu Baustellen, Staus etc. kann man abrufen. Auch die Zahl registrierter Carsharing-Teilnehmer wächst: Mehr als 1,7 Millionen Menschen sind inzwischen bei deutschen Carsharing-Anbietern angemeldet. Zusätzlich gibt es in den meisten Großstädten per App bezahlbare Leihfahrräder.

Die Elektromobilität war eine der untersuchten Kategorien.
Hamburg wird "smart", Stuttgart punktet mit E-Mobilität

Im Ranking der deutschen Städte ganz vorn liegt Hamburg mit 76,7 von 100 möglichen Punkten. Vorreiter ist die Stadt vor allem mit der Digitalisierung der Infrastruktur: Hamburg ist auf dem besten Weg zur "Smart City". Konkret bedeutet dies, dass die Verkehrssteuerung zunehmend vernetzt und digitalisiert ist. Dadurch können beispielsweise Ampelschaltungen flexibel an das Verkehrsaufkommen angepasst werden. Nähert sich beispielsweise ein Bus der Ampel, bekommt er schneller und länger Grün und kann so zügiger vorankommen. Vor allem um den Hamburger Hafen herum wird das Verkehrsgeschehen zudem gezielt beobachtet, analysiert und das Staurisiko vorhergesagt.

Auf Platz zwei liegt Stuttgart. Die sechstgrößte Stadt der Republik punktet vor allem bei der Elektromobilität. Sie verfügt über das dichteste Ladesäulennetz und hat gemessen an den Gesamtzulassungszahlen die meisten Elektrofahrzeuge. Darüber hinaus verfügt Stuttgart über eine komplett elektrifizierte Carsharing-Flotte und eine Strategie, um die Luftverschmutzung mittels Elektro-Pkw einzudämmen. Auf Rang drei folgt Berlin mit 67,1 von 100 Punkten.

Leipzig, auf Platz sieben des Rankings, überzeugte die Experten mit einer nutzerfreundlichen ÖPNV-App, die Echtzeitinformationen über die Verkehrslage sowie ein gut funktionierendes Mobile Payment bietet. Darüber hinaus bietet Leipzig durch die Integration von Mietfahrrädern und -autos auch eine gute Tür-zu-Tür-Mobilität. "Der ÖPNV hat bereits erkannt, dass die Digitalisierung ein wesentlicher Treiber ist. Immerhin planen 45 Prozent der befragten ÖPNV-Verbände eine Digitalstrategie", sagt Felix Hasse von PwC.

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