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Führerschein: Warum fallen so viele durch die Prüfung?

Der Führerschein ist die Voraussetzung, um selbst ein Auto steuern zu dürfen. Aber die Prüfung hat es in sich: 2024 sind gut ein Drittel aller Prüflinge durch die praktische Fahrprüfung gefallen, 45 Prozent scheiterten an der theoretischen Führerscheinprüfung. Damit sind die Durchfallquoten heute höher als früher. Aber warum? Sind wir dümmer geworden? Oder die Prüfungen schwieriger? Und was passiert, wenn man es aus Verzweiflung sogar mit Betrug versucht?
AMA, 21.03.2025

© ljubaphoto, iStock

Gerade in ländlichen Gegenden ist ein Führerschein unerlässlich, um mobil und unabhängig zu sein. Entsprechend viele Menschen gehen schon früh in die Fahrschule und stellen sich dann der Führerscheinprüfung. Laut TÜV-Verband legten 2024 rund 1,6 Millionen Menschen in Deutschland ihre Theorie- und etwa 1,3 Millionen ihre Praxisprüfung ab – ein Großteil davon war jünger als 25 Jahre. Doch ein erheblicher Teil dieser Prüflinge durfte nach der Prüfung nicht wie erhofft mit dem Führerschein nach Hause gehen.

Mehr als jeder Dritte fällt durch

Aber wie hoch ist die Durchfallquote? Im Jahr 2024 fielen dem TÜV-Verband zufolge 45 Prozent der Fahrschüler durch die theoretische und 37 Prozent durch die praktische Prüfung. Damit hat sich die Durchfallquote gegenüber früheren Jahren weiter erhöht: Vor gut 20 Jahren, im Jahr 2014, lagen die Durchfallquoten in der Theorie noch um zehn Prozent niedriger, in der praktischen Prüfung waren es vier Prozent weniger nicht bestandene Prüfungen.

Auch mehrfaches Scheitern ist keine Seltenheit. Im Jahr 2024 waren 39 Prozent der Theorieprüfungen und 31 Prozent der praktischen Prüfungen Wiederholungsversuche. Dabei lagen die Durchfallquoten sogar noch höher als beim Erstversuch. „Wer in der ersten Prüfung durchfällt, dem fällt oft auch die Wiederholungsprüfung schwer“, erklärt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter beim TÜV-Verband. „Jeder gescheiterte Versuch steigert die mentale Belastung der Betroffenen und führt zu weiteren Kosten.“

Interessanterweise scheint der Erfolg bei der Fahrprüfung aber auch vom Alter abhängig zu sein, denn junge Prüflinge schneiden deutlich besser ab als ältere. Während unter 18-Jährige in der Theorie zu 36 und in der Praxis zu 24 Prozent durchfallen, sind es in der Altersgruppe 18 bis 24 direkt 52 beziehungsweise 34 Prozent. Diese Zahlen bedeuten jedoch trotzdem, dass selbst in der erfolgreichsten Altersklasse immer noch mindestens jeder Vierte nicht besteht. Aber warum?

Die Anforderungen sind gestiegen

Soviel vorweg: Die hohen Durchfallquoten sind keinesfalls ausschließlich die Schuld der Prüflinge. Tatsächlich argumentieren Experten, dass die Anforderungen in einigen Bereichen schlicht gestiegen sind. Zum Beispiel wurde die praktische Prüfung vor ein paar Jahren von 45 auf 55 Minuten verlängert, was mehr Raum für Fehler lässt. „In der praktischen Prüfung bereitet der Fahrkompetenzbereich ‚Verkehrsbeobachtung‘ den Bewerbern oft Schwierigkeiten. Besonders an Einmündungen und Kreuzungen passieren sehr viele Fehler“, erklärt Goebelt. Hinzu kommt das gestiegene Verkehrsvorkommen, das die Wahrscheinlichkeit für solche Fehler weiter erhöht.

Auch die theoretische Prüfung ist heute schwieriger – allein schon deshalb, weil sie deutlich umfangreicher geworden ist. In ihr kann eine Auswahl aus über 1.000 verschiedenen Fragen vorkommen, Ende der Neunziger waren es noch hunderte weniger. Durch technische Neuerungen wie immer neue Assistenzsysteme könnten in Zukunft sogar noch mehr Fragen dazukommen als ohnehin. Hier könnte es Goebelt zufolge helfen, schon während der Fahrschulzeit regelmäßig den Wissensstand der Prüflinge zu ermitteln: „Lernstandsbeurteilungen stellen sicher, dass Fahrschüler erst dann zur Prüfung antreten, wenn sie nachweislich ausreichend vorbereitet sind.“

Betrugsversuche haben kaum Konsequenzen

Bei einigen Prüflingen ist die Angst vor dem Versagen offenbar sogar so groß, dass sie es sicherheitshalber mit Betrug versuchen, wie die TÜV-Statistik enthüllt. Im Jahr 2024 wurden demnach 4.198 Täuschungsversuche festgestellt – ein Anstieg um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Statistisch gesehen fliegt beispielsweise in Berlin jeden Tag mindestens ein Betrugsversuch bei der Führerscheinprüfung auf. Besonders alarmierend ist in dieser Hinsicht, dass 58 Prozent der Täuschenden professionell vorgehen. „Die Zusammenarbeit mit Dritten, Passmissbrauch oder Urkundenfälschung sowie der Einsatz ausgefeilter technischer Hilfsmittel zeugen von einem hohen Maß an krimineller Energie. Das darf nicht ohne Konsequenzen bleiben“, sagt Goebelt.

Mit Ausnahme der Stellvertreter-Täuschung zählt Betrug in der Fahrprüfung hierzulande jedoch nicht einmal als Ordnungswidrigkeit, wodurch auch die möglichen Konsequenzen eher lasch ausfallen. Zwar können die Behörden theoretisch eine Sperrfrist von bis zu neun Monaten für den betrügenden Prüfling verhängen. In der Praxis schöpfen sie diese maximale Dauer jedoch nur selten aus. 2022 wurde zudem die Mindestsperrfrist von sechs Wochen abgeschafft. Goebelt kritisiert dies: „Fahrerlaubnisbehörden sollten den rechtlichen Rahmen konsequent ausschöpfen und scharfe Sanktionen verhängen. Auch strafrechtlich relevante Manipulationen dürfen nicht länger unzureichend geahndet oder Verfahren vorzeitig eingestellt werden.“

Erst dann können die Betrugsversuche zurückgehen – und die allgemeine Verkehrssicherheit steigen, denn: „Ergaunern sich die Fahrschüler ihren Prüfungserfolg und verfügen nicht über die entsprechenden Kenntnisse im Straßenverkehr, birgt das ein erhebliches Risiko für die Sicherheit anderer“, betont Goebelt.

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