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äthipische Kirche

1. äthiopisch-orthodoxe Kirche. Sie zählt zu den ältesten christlichen Kirchen und ist die größte der orientalisch-orthodoxen Kirchen des Ostens (morgenländische Kirchen). Angaben über Mitgliederzahlen schwanken zwischen 12 bis 24 Mio. Grundlage der äthiopisch-orthodoxen Lehrtradition sind die Beschlüsse der ersten drei ökumenischen Konzilien (Nicäa 325; Konstantinopel 383; Ephesus 431). Zentrale Glaubenselemente sind die Verehrung der Bundeslade in der alten Hauptstadt Aksum sowie ihrer Nachbildung auf dem Altar jeder äthiopischen Kirche, alttestamentlich anmutende Bräuche wie Sabbatheiligung, spezielles Fasten, Beschneidung (sowohl von Mädchen als auch Jungen) und die Begleitung des Chorgesanges mittels Flöten, Trommeln, Leiern und sakralem Tanz. Der äthiopisch-orthodoxe Bibelkanon umfasst im Unterschied zum katholischen oder protestantischen Kanon zusätzliche alt- und neutestamentliche Texte, welche in der westliche Kirchentradition als deuterokanonisch oder apokryph bezeichnet werden (z. B. die Esra-Apokalypse oder der Erste Clemensbrief).
Das Selbstverständnis der äthiopisch-orthodoxen Christen als Judenchristen leitet sich u. a. vom legendären König Menilek I., Sohn des jüdischen König Salomon und Makeda, der Königin von Saba her. Das Nationalepos Kebra Nagast schildert, wie mit Menilek die Bundeslade nach Äthiopien gelangte und mit ihr das Judentum in Äthiopien eingeführt wurde. Das Christentum kam im 4. Jahrhundert durch die Sklaven Ädesios und Frumentius ins Land. Letzteren weihte der koptische Patriarch und Kirchenvater zum Bischof. Seitdem wurde das Oberhaupt der äthiopischen Kirche (Abuna) bis 1950 stets vom koptischen Patriarchen von Alexandria gewählt. 1951 ernannte Patriarch Yousab II. Abuna Baselios als ersten Äthiopier zum Erzbischof. 1959 erfolgte die jurisdiktionelle Trennung von koptischer und äthiopischer Kirche und die Erhbebung Erzbischof Baselios' in den Rang eines Patriarchen. Durch Bemühungen Kaiser Haile Selassies I. trafen 1965 erstmals alle orientalisch-orthodoxen Kirchenoberhäupter der Kopten, Syrer, Armenier, Äthiopier und Inder in Addis Abeba zusammen und versicherten sich ihrer gemeinsamen Tradition. Nachdem die äthiopische Kirche 1974 durch die Revolution der Offiziere um Mengistu Haile Mariam ihren Rang als Staatskirche verlor und der Patriarch Abuna Theophilos abgesetzt und von der Militärjunta hingerichtet wurde, erhob der Staat 1977 den Bischof Tekle Haimanot zum Patriarchen; seit 1992 steht als „Haupt der Erzbischöfe und Patriarchen von Äthiopien“ der von der Heiligen Synode gewählte Patriarch-Katholikos Abuna Paulos (* 1935) an der Spitze der äthiopischen Kirche.
2. äthiopisch-evangelische Kirche. Die drei größten protestantischen Kirchen in Äthiopien (Mekane Yesu, Meserete Kristos und Kale Heywat) gingen aus der seit dem 19. Jahrhundert erfolgten lutherischen und der mennonitischen Mission sowie aus der Arbeit der SIM (Sudan Interior Mission) hervor. Daneben sind gegenwärtig ca. 250 Denominationen, Kirchen oder Ministries registriert, hauptsächlich in Addis Abeba, aber auch im Süden und im Westen Äthiopiens; insgesamt gibt es ca. 10 Mio. Protestanten. Die äthiopisch-evangelische Kirche Mekane Yesu (dt. „Der Ort an dem Jesus wohnt“; engl. Abk. EECMY = Ethiopian Evangelical Church Mekane Yesus), wurde 1959 gegründet und ist mit rund 4,9 Mio. Gläubigen Mitglied im Lutherischen Weltbund, im Reformierten Weltbund, im Ökumenischen Rat der Kirchen und der Allafrikanischen Kirchenkonferenz. Die äthiopisch-mennonitische Kirche Meserete Kristos (dt. „Christus ist die Grundlage der Kirche“) wurde 1959 gegründet und ist gegenwärtig die weltweit größte Kirche innerhalb der Mennonitischen Weltkonferenz.
3. äthiopisch-katholische Kirche. Die rund 203 000 (überwiegend in Eritrea lebenden) mit Rom unierten „Katholiken des äthiopischen Ritus“ unterstehen einem (seit 1961) in Addis Abeba residierenden „Erzbischof von Addis Abeba und der Äthiopier“, dessen Amt seit 1999 Berhane-Yesus Demerew Kardinal Souraphiel (* 1948) innehat.
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