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Methanol hat einen neuen Namen: Windbenzin
Ist künstliches Methanol die Alternative fürs Auto? Das Problem ist ja bekannt: zu viele Autos, zu viel Benzinverbrauch, zu viel Kohlenstoffdioxid, das in die Atmosphäre gelangt. Aber es gibt Hoffnung – ein Konzept sieht vor, synthetisches Methanol als Nebenprodukt von Windenergieanlagen herzustellen und es dann für Verbrennungsmotoren zu verwenden. Dieses „Windbenzin“ käme nicht nur der Umwelt zugute, es würde auch helfen, die starken Schwankungen auszugleichen, die beim Betrieb von Windanlagen entstehen. Welche Rolle könnte Methanol zukünftig spielen?
Methanol stammt aus der Gruppe der Alkohole und ist eine farblose Flüssigkeit, die leicht brennbar ist; in der chemischen Industrie – die die Substanz in großen Mengen herstellt – dient es als Grundstoff für viele Folgeprodukte. Doch Methanol kann auch als Energieträger und damit als Kraftstoff eingesetzt werden. Das geschieht bereits, zum Beispiel im Rahmen des Biodiesels, zu dessen Herstellung Methanol benötigt wird. Doch es gibt auch Versuchsreihen, in denen umgerüstete Fahrzeuge mit reinem Methanol betankt werden. Die Ergebnisse sind durchaus ermutigend: Die Motorleistung kann bis zu 10 Prozent gesteigert werden, und der thermische Wirkungsgrad – der das Verhältnis von zugeführter und erzielter Leistung bezeichnet – lässt sich sogar um 15 Prozent verbessern.
Die Produktion von Methanol - zwei Fliegen mit einer Klappe
Der Clou besteht jedoch darin, dass Methanol nun quasi „nebenbei“ gewonnen werden soll. Grundsätzlich wird die Substanz aus Wasserstoff und Kohlendioxid synthetisiert; das entsprechende Verfahren ist lange bekannt. Der Wasserstoff soll nun aus Wasser und jenem Windstrom hergestellt werden, der als Überproduktion anfällt – zum Beispiel wegen meteorologischer Turbulenzen oder genereller Überkapazitäten im Netz. Bisweilen müssen Windräder schlicht abgeschaltet werden, wenn der von ihnen hergestellte Strom nicht unterzubringen ist. Durch die Produktion von Methanol könnten gewissermaßen zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Die überschüssige Energie wird sinnvoll genutzt, und das Resultat lässt sich auf der Straße zur Fortbewegung benutzen. Daher auch der Name „Windbenzin“.
Freilich: Ganz so einfach verhält es sich – wie so oft – nur auf dem Papier. Zum einen ist die Produktion von Wasserstoff nicht ganz unkompliziert, auch wenn es sich bei der Elektrolyse grundsätzlich um ein bewährtes Verfahren handelt. Außerdem muss noch Kohlendioxid bereitgestellt werden. Der fällt zwar im Industriebereich häufiger an – zum Beispiel bei der Zementproduktion oder der Erzeugung von Biogas –, doch die Zusammenführung mit Wasserstoff wäre ebenso zu organisieren wie der Vertrieb des Endprodukts Methanol. Hier ist das nach demselben Prinzip bereits hergestellte „Windgas“ Methan eindeutig im Vorteil – zumindest im Moment. Aber da die Gedankenkette angestoßen wurde, bleibt abzuwarten, welche Entwicklung das Verfahren nehmen wird – und welchen Beitrag Methanol zur Überwindung der Energiekrise leisten kann.