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Sonnensystem: Gibt es einen neunten Planeten?
Nach bisherigem Wissensstand gibt es im äußeren Sonnensystem vier große Gasplaneten – Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Noch weiter außen bilden einige Zwergplaneten und unzählige kleinere transneptunische Eis- und Gesteinsbrocken den Kuipergürtel. Soweit, so bekannt.
Auffällig gleichgerichtete Umlaufbahnen
Doch schon vor einigen Jahren haben Astronomen dort draußen etwas Seltsames entdeckt: Die Bahnen einiger Kleinplaneten im Kuipergürtel verlaufen anders als man erwarten würde. Sie folgen exzentrischen, stark elliptischen Orbits, die alle um rund 30 Grad gegen die Bahnebene der Planeten gekippt sind und deren Achsen alle in die gleiche Richtung zeigen. „So etwas kann nicht einfach zufällig passieren“, erklärt der Astronom Mike Brown vom California Institute of Technology. Stattdessen deutet einiges darauf hin, dass die Bahnen dieser Himmelskörper durch den Schwerkrafteinfluss eines schwereren Objekts gleichgerichtet wurden.
Aber was könnte das sein? Das haben seither verschiedene Forscherteams mithilfe von Modellsimulationen herauszufinden versucht. Diesen Berechnungen nach ist es eher unwahrscheinlich, dass die fernen Brocken sich gegenseitig beeinflussen oder dass lokale Ansammlungen solcher Kleinplaneten diesen Effekt verursachen.
Neptungroß und sehr weit außen
Damit bleibt eine Erklärung übrig – ein bisher unentdeckter Planet. Die Wahrscheinlichkeit dafür beziffern einige Astronomen immerhin auf 90 Prozent. Dieser hypothetische „Planet 9“ könnte rund zehn Erdmassen schwer und ein wenig kleiner als der Neptun sein. Er umkreist die Sonne auf einem rund 400 bis 1.500 astronomische Einheiten entfernten Orbit. Im Mittel ist der Planet damit 20-mal weiter von der Sonne entfernt als Neptun und benötigt für einen Umlauf rund 15.000 Jahre.
Wie ein Planet überhaupt in diesen ferne Außenbereich unseres Sonnensystems gelangen kann, ist bislang unklar. Astronomen vermuten aber, dass er ursprünglich näher an der Sonne gebildet wurde und dann nachträglich durch Turbulenzen nach außen geschleudert wurde. Das kann beispielsweise durch den Schwerkrafteinfluss von Gasriesen wie dem Jupiter geschehen sein oder auch durch den Platztausch von Neptun und Uranus im frühen Sonnensystem.
Dass es im Weltall solche fernen Außenplaneten geben kann, bewies vor kurzem erst die Entdeckung eines extrasolaren "Zwillingsbruders" von Planet 9: Der rund 336 Lichtjahre von uns entfernte Gasriese HD 106906 b umkreist seine beiden Zentralsterne ebenfalls auf einer sehr weiten, exzentrischen und stark geneigten Umlaufbahn. „HD 106906 b ist der erste Planet, dessen Orbit dem des hypothetischen Planet 9 entspricht", erklärt die Astronomin Meiji Nguyen von der University of California in Berkeley.
Die Fahndung läuft…
Aber gibt es einen solchen Außenplaneten auch bei uns? Noch läuft die Fahndung nach Planet 9. „Seit der Antike wurden nur zwei neue Planeten im Sonnensystem entdeckt und das wäre nun der dritte. Das ist wirklich aufregend“, sagt Brown. Die große Schwierigkeit ist allerdings, diesen fernen Planeten aufzuspüren. Denn wenn er gerade im sonnenfernen Teil seiner Umlaufbahn unterwegs ist, reicht selbst die Leistung der besten Teleskope nicht aus, um ihn sichtbar zu machen. Hinzu kommt, dass der Planet vermutlich nur rund 37 Grad wärmer ist der ihn umgebende Weltraum. Selbst im infrarot wäre sein Signale daher sehr schwach.
Astronomen haben schon mit mehreren Teleskopen nach dem hypothetischen neunten Planeten gesucht und seit 2016 läuft dazu auch ein Citizen-Science-Projekt der NASA. Bei „Backyard Worlds: Planet 9“ kann jeder mithelfen, in den Aufnahmen des Weltraumteleskops WISE nach Indizien für den Planeten und andere Himmelskörper im Kuipergürtel zu fahnden. Rund 150.000 Hobby-Astronomen beteiligen sich schon an der großangelegten Fahndung. Sie haben dabei hunderte neuer Brauner Zwerge und auch Exoplaneten im Umfeld unseres Sonnensystems entdeckt. Von Planet 9 allerdings fehlt bislang jede Spur….