Vielleicht war es einfach alles ein bisschen zu viel in den vergangenen Monaten. Arbeit, Arbeit, und noch mal Arbeit. Meist bis spät in die Nacht, dann der Zeitdruck, die Verantwortung. Mal ne Pause gönnen, das wär`s. Aber so richtig. Ohne Telefon, ohne Computer, ohne Fernseher. Also ab in die Wüste oder auf eine einsame Insel? Von wegen: Immer mehr gestresste und ruhebedürftige Menschen entdecken den Ort der Ruhe ganz in der Nähe, sie entfliehen dem Alltag hinter dicke Mauern. Sie machen Urlaub im Kloster. Viele Orden haben sich inzwischen auf Feriengäste eingestellt, einige bieten Kurse und Seminare an, manche locken gar mit einem Wellnessprogramm: Erholung im Namen des Herren.
Ulrike ist bereits vor einigen Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten. Als sie ihrem Vater von ihren Plänen erzählte, eine Woche im Kloster verbringen zu wollen, schüttelte der nur verständnislos den Kopf. Doch was ein Kollege von seinen Aufenthalten bei den Mönchen berichtet hatte, klang für die Mittvierzigerin vielversprechend: „Immer kurz bevor er das Gefühl bekam, alles würde ihm über den Kopf wachsen, ist er eine Woche ins Kloster gegangen.“ Also meldete sie sich zu sieben Tagen Meditation bei den Benediktinern in Ottobeuren an. Hier, so hoffte sie, würde sie die dringend benötigte Auszeit nehmen können, zur Ruhe kommen und richtig entspannen. Ohne gleich wieder an die Arbeit denken zu müssen, an die neuen Aufgaben als Abteilungsleiterin, die Umstrukturierungen im Unternehmen, die Bewältigung des ständig steigenden Arbeitspensums, die kleinen und großen Sorgen der Mitarbeiter. Einfach mal einen Gang zurückschalten, durchatmen. An einem Ort, an dem der Takt der Zeit viel langsamer scheint als in der schnelllebigen Arbeitswelt. Und so war es dann auch.