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Wie beeinflusst uns der Krieg in der Ukraine?

Der Krieg in der Ukraine tobt nun schon seit zwei Jahren - mit katastrophalen Folgen für die Menschen in den betroffenen Gebieten. Seine Auswirkungen reichen allerdings weit über die ukrainische Grenze hinaus und treffen jeden Einzelnen von uns. Wie hat der Krieg uns zum Beispiel psychisch beeinflusst? Was hat er mit dem Klimawandel zu tun? Und wieso ist durch den russischen Angriff so vieles teurer geworden?
AMA, 23.02.2024
Kriegsängste

© Mann: stockfoo, iStock; Hintergrund: vicnt, iStock

Nach Jahren des Konflikts und der eskalierenden Konfrontationen war es am 24. Februar 2022 so weit: Russland marschierte mit seinen Truppen in die Ukraine ein. Es folgen blutige Kämpfe, Gewalt und Leid, die bis heute andauern. Seit zwei Jahren tobt der Krieg nun schon. Rund 6,5 Millionen Ukrainer mussten durch ihn flüchten, über 10.000 Zivilpersonen sind bereits gestorben und mehr als 1,4 Millionen Menschen in der Ostukraine haben keinen Zugang zu fließendem Wasser. Die Weltgemeinschaft verfolgt den Angriffskrieg mit Entsetzen, Unverständnis und Ohnmacht. Doch auch jeder Einzelne von uns spürt die Folgen des russischen Angriffskrieges auf verschiedenste Art und Weise.

Das Wohlbefinden ist gesunken

Unter anderem ist der Ukrainekrieg nicht spurlos an unserer Psyche vorübergegangen. Die meisten von uns erinnern sich wahrscheinlich noch an den Schock , als sie in den Nachrichten zum ersten Mal vom Kriegsbeginn erfahren haben. Tatsächlich hat uns der Kriegsausbruch sogar psychisch stärker mitgenommen als viele andere Krisen der jüngsten Zeit, darunter die Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 und der Corona-Lockdown 2020, wie Psychologen in einer Studie ermittelt haben.

Im ersten Kriegsmonat konnte das Forschungsteam einen kollektiven Einbruch des Wohlbefindens in ganz Europa feststellen – und das unabhängig von Alter, Geschlecht, politischer Orientierung oder sonstigen Eigenschaften der befragten Personen. Wie gut wir uns im Einzelnen von diesem Schock erholt haben, hing aber wiederum sehr stark mit dem eigenen Charakter zusammen. „Menschen mit einer anfälligeren, wenig stabilen Persönlichkeit haben sich im Unterschied zu gefestigteren Personen im Schnitt auch einen Monat nach Kriegsbeginn noch nicht erholt“, erklärt Julian Scharbert von der Universität Münster, der die Studie geleitet hat.

Symbolbild Inflation (zerstiebende 100-Euro-Scheine)
Der Ausfall der Ukraine und Russlands als Lieferanten lebenswichtiger Güter sorgte für einen kräftigen Preischub.

© photoschmidt, GettyImages

Die Preise sind gestiegen

Deutlich länger und nachhaltiger spürbar als der anfängliche psychische Schock sind allerdings die Preisanstiege, die mit dem Kriegsgeschehen einhergegangen sind. Fast im Monatsrhythmus kletterten Inflation und Preise während der Anfangszeit des Krieges in teils historische  Höhen. Im Jahr 2022 waren Lebensmittel hierzulande um bis zu 36,2 Prozent teurer als noch ein Jahr zuvor. Mittlerweile haben sich die Preise zwar wieder ein wenig beruhigt, sind aber immer noch auf hohem Niveau.

Doch was hat der Krieg überhaupt mit den Preissteigerungen zu tun? Zum einen war die Ukraine zu Friedenszeiten ein wichtiger Lebensmittel-Exporteur und trug sogar den Spitznamen „Kornkammer Europas“. Einige Länder bezogen fast ihren kompletten Weizen und Mais von dort. In Deutschland kam 2020 zum Beispiel jede fünfte Flasche Sonnenblumenöl aus der Ukraine. Doch mit dem Krieg brach auch der Export ein. Es kam zu Versorgungsengpässen und die Lebensmittel, die die Supermärkte noch anbieten konnten, waren aufgrund ihrer Knappheit deutlich teurer als zuvor.

Zum anderen stammen aus der Ukraine zahlreiche Lkw-Fahrer, die vor dem Krieg Lebensmittel und andere Güter quer durch Europa von A nach B gefahren haben. Schätzungen zufolge wurden 2021 noch mindestens sieben Prozent der Lkw in Deutschland von ukrainischen Fahrern gelenkt. Durch den Krieg konnten aber die wenigsten von ihnen weiterhin dieser Arbeit nachgehen. Auch Güterzüge, die sonst auf ihrem Weg nach Europa die Ukraine durchquerten, kamen auf einmal nicht mehr durch. Der internationale Transport ging dadurch zurück und wurde teurer. Das schlug sich auch in den Endpreisen für die verschiedenen transportierten Produkte nieder.

Auch die russischen Exporte sind durch den Krieg und die Sanktionen westlicher Nationen eingebrochen. Neben verschiedenen Lebensmitteln betrifft das vor allem Düngemittel, Öl und Erdgas. In der Folge sind diese und weitere Güter ebenfalls teurer geworden, sodass unter anderem die Energiekosten stiegen. Das trifft Privathaushalte ebenso wie die Industrie. Da Letztere nun mehr Geld investieren müssen, um dieselbe Menge an Produkten herzustellen, ist auch der Endpreis für diese Produkte gestiegen.

Zerstörungen nach einem Raketenangriff auf Wohnhäuser Dnipro, 14.01.2024
Wenn Tote und Verletzte zu beklagen sind, wie hier nach einem russischen Angriff auf ein Wohnviertel in Dnipro, tritt der Klimawandel erst einmal in den Hintergrund. Trotzdem sorgen sowohl die Zerstörung wie der Wiederaufbau für Treibhausgas-Emissionen.

Der Klimawandel hat sich beschleunigt

Eine der weniger offensichtlichen Kriegsfolgen, die uns alle betreffen, hat mit dem Klimawandel zu tun. Denn der Krieg in der Ukraine verursacht pro Jahr so viele Treibhausgase wie ein Land mit der Größe von Belgien, wie Klimaforscher ermittelt haben. Demnach stoßen der Sprit der Militärfahrzeuge und die zahlreichen Brände, die immer wieder an der Front ausbrechen, zusammen mit anderen kriegsbedingten Treibhausgas-Emissionen jedes Jahr rund 120 Millionen Tonnen CO2--Äquivalente aus.

Doch selbst mit einem raschen Kriegsende wäre dieses Problem nicht gelöst. Denn selbst wenn eines Tag der Wiederaufbau der Ukraine beginnen kann, kommen dadurch weitere große Mengen an CO2 hinzu. Unter anderem müssen dann Kraftwerke, Industrie und Gebäude mit schwerem Gerät neu errichtet werden. Somit schadet der Krieg unzähligen Menschen nicht nur ganz direkt, sondern auch langfristig und indirekt, indem er den Klimawandel weiter befeuert.

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