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Der ewige Machtkampf um die Krim

KEL

In dem derzeit vorherrschenden Machtkampf zwischen der Ukraine und Russland hat sich die Krim als eine Art Hauptpreis entpuppt. Für die Krim ist das leider nichts Neues, wechselten doch schon seit dem Mittelalter in einer jahrhundertelangen Abfolge von Kriegen regelmäßig die herrschenden Machthaber auf der sonnigen Halbinsel. Nach dem Sturz des Präsidenten Janukowitsch stellt sich auch jetzt wieder die Frage: Zu wem soll die Krim gehören?

Übersichtskarte der Krim-Halbinsel
Gemeinfrei

Im nördlichen Schwarzen Meer liegt sie, die Halbinsel Krim. Die nur acht Kilometer breite Landenge von Perekop verbindet sie mit dem Festland der Ukraine. Mit einer Landfläche von 26.000 Quadratkilometern und rund 2 Millionen Einwohner ist die Krim knapp so groß wie Brandenburg. Wie in dem gut 300 Kilometer südöstlich gelegenen Sotschi in Russland auch, herrscht auf der Krim ein sehr mildes, mediterranes Klima. Millionen von Urlaubern zog es daher schon zu Sowjetzeiten an die Strände der sonnigen Halbinsel.

Stabilität - auf der Krim schon lange Fehlanzeige

Küstenstrich westlich von Balaklawa
SXC

Sucht man nach einem geopolitisch stabilen Zeitabschnitt in der Geschichte Krims, so hat man nicht viel Glück, denn die Zugehörigkeit der Halbinsel zeigte in seiner Vergangenheit nur wenig Konstanz. Mongolen, Osmanen, Venezianer, Genuesen und Deutsche, um nur einige zu nennen, sie alle herrschten in der Vergangenheit schon über die Krim. Und nicht zu vergessen natürlich auch die Russen auf der Krim. 1783 schon deklarierte Katharina die Große die Krim "von nun an und für alle Zeiten" als russisch.

Unter Stalin wurden im Jahr 1944 fast alle der ursprünglich auf der Halbinsel lebenden Krimtataren zwangsdeportiert. Jahrzehnte lang bis hin zu den letzten Tagen der Sowjetunion konnten viele der Vertriebenen nicht in ihre Heimat zurückkehren. Bis heute machen daher immer noch Russen über die Hälfte der Bevölkerung der Krim aus, Tendenz fallend. Der Anteil an Krimtataren, die nach den Ukrainern das Schlusslicht ausmachen, steigt jedoch langsam wieder an.

Stalins Nachfolger Chruschtschow, selber aus der Ukraine stammend, beschloss 1954, die Krim der Ukraine zu übergeben. Von Anfang an betrachteten die Russen dies mit Misstrauen. Doch in dem damaligen kommunistischen Großreich unterschied man weniger zwischen Russe und Ukrainer, schließlich waren sie ja alle Sowjetbürger. Jedoch, so ganz vom Haken gelassen haben die Russen die Krim nie. So hat die russische Marine seit dem späten 17. Jahrhundert bis heute ihre Schwarzmeer-Flotte in der Krim'schen Hafenstadt Sewastopol stationiert.

Zwischen Russland und der Ukraine

Berglandschaft im Süden der Halbinsel Krim
Berglandschaft im Süden der Halbinsel Krim

Mit der Auflösung der Sowjetunion 1991 strebte die Krim nach Unabhängigkeit. Nur mit erheblichem politischem Druck konnte die Ukraine dies verhindern. 1992 erhielt die Krim in einem Kompromiss dann letztendlich den Status einer autonomen Republik, den sie bis heute noch innehat. Lediglich die Hafenstadt Sewastopol ist direkt der ukrainischen Regierung unterstellt, während der Rest der Krim der autonomen Regierung in der Hauptstadt Simferopol untersteht.

Die Krim besitzt zwar ihre eigene Legislative und auch Exekutive, die Gerichte allerdings sind Teil der ukrainischen Judikative und genießen keinerlei Autonomie. Die Bezeichnung semi-autonome Republik Krim trifft es also wohl eher. Aus politischer Sicht ist die Krim seither stark an die Ukraine gebunden - ihre kulturelle Bindung zu Russland aber ist nicht weniger stark ausgeprägt.

Gegenseitige Abhängigkeiten

Besonders schwierig ist die Situation heute durch die vielen unterschiedlichen Interessen und Abhängigkeiten, die mit der gesamten Region verbunden sind. Bis heute ist die Ukraine einer der größten Produzenten an Weizen und Korn, deren Export großteils über die Häfen der Krim läuft. Wegen des trockenen Klimas auf der Krim ist die Halbinsel im Gegenzug darauf angewiesen, Trinkwasser und auch Nahrung aus der Ukraine zu beziehen.

Aber auch aus energetischer Sicht liegen vielfältige Abhängigkeiten vor: Den größten Teil ihres Stroms bezieht die Krim aus der Ukraine. Und auch Europa hängt von der Lage der Region ab, bezieht es doch große Mengen an Gas aus Russland. Und Russland transportiert dieses Gas über Pipelines, die quer durch die Ukraine verlaufen. Daher erschüttert die Instabilität in der Region auch den Energiemarkt.

Und noch ein Referendum in der Krim'schen Geschichte

20. Januar 1991: In einem Referendum wurde die Bevölkerung der Krim gefragt: Soll die Krim als autonome Republik in der Sowjetunion verbleiben? Die Mehrheit der Bevölkerung sprach sich dafür aus.
1. Dezember 1991: Mit einer überwältigenden Mehrheit von 90 Prozent stimmten die Ukrainer in einem Referendum der Unabhängigkeit ihres Landes zu. Betrachtet man nur die Bevölkerung der Krim, so fiel diese Zustimmung mit 54 Prozent deutlich knapper aus.

Nun hat die Regierung der Halbinsel Krim seine Unabhängigkeit erklärt. In einem erneuten Referendum am 16. März 2014 könnte es dann an der Krim'schen Bevölkerung sein, zu entscheiden: Soll die Halbinsel von der Ukraine abgespalten werden und zukünftig Russland zugehören? Dieser Frage müssen sich die Bewohner der Halbinsel dann stellen, sollte es wirklich zu dem Referendum am kommenden Sonntag kommen. Und ihre Entscheidung wird auch diesmal wieder nicht nur Auswirkungen auf die Krim selber haben.

(13.03.2014)

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