Lexikon

niederländische Kunst

Architektur

Im frühen und hohen Mittelalter stand die niederländische Kunst noch ganz unter französischem und deutschem Einfluss. Hauptbauten im vorromanischen Stil sind in Nimwegen die Pfalz Karls des Großen; in Lüttich St. Johannis und der Dom St. Lambert, in Utrecht St. Peter. Rein romanisch (Mitte 11. bis Anfang 13. Jahrhundert) sind die Kathedrale in Tournai, die Liebfrauenkirche in Maastricht, St. Marien in Utrecht.
Die Entwicklung des gotischen Sakralbaus nahm im 13. Jahrhundert Einflüsse der burgundischen Zisterzienserkirchen (Roermond, Münster) und der französischen Kathedralkunst auf (Brüssel, St. Gudule; Tournai, Chor der Kathedrale; Brügge, Liebfrauenkirche). Charakteristisch für die Blütezeit der niederländischen Gotik (14. bis Anfang 16. Jahrhundert) sind die Verbreiterung der Kirchenräume (Vielschiffigkeit), das Streben nach einfacher Wandgliederung, im Süden Höhensteigerung der Türme, im Norden die bevorzugte Verwendung von Backstein und Holzgewölben. Großen Aufschwung erlebte schon im 13. Jahrhundert der stärker national ausgerichtete Profanbau, der vom Reichtum der bürgerlichen Kultur, besonders der flandrischen Städte Brügge und Gent, Zeugnis ablegt. Das 16. Jahrhundert stand im Zeichen der Auseinandersetzung mit der italienischen Renaissance. Den Übergang zu dem im Norden abgewandelten Renaissancestil (Manierismus) bewirkte C. Floris (Rathaus in Antwerpen, 15611565), der wie J. V. de Vries durch seine Ornamentvorlagen die Architektur weit über die Niederlande hinaus beeinflusste. L. de Key leitete vom Manierismus zum Frühbarock über (Rathaus in Leyden, 1594; Fleischhalle in Haarlem, 16011603), H. de Keyser zu einer eher klassizistischen Bauweise (Zuider-, Wester- und Norderkerk in Amsterdam, seit 1603). Die Entwicklung der Barockbaukunst begann im Süden um 1600 unter italienischem und spanischem Einfluss. Noch im 18. Jahrhundert blieb der Barockstil in abgeschwächter Form bestimmend und wich um 1770 dem französisch-holländischen Klassizismus. Im Norden setzte um 1630 ein an A. Palladio geschulter strenger Klassizismus ein (J. van Campen, P. Post), der um 1800 in den Neuklassizismus überging. Die Zunft- und Wohnhäuser und die Innenausstattung des späten 17. und des 18. Jahrhunderts zeigen deutliche französische Einflüsse.
Die Architekturentwicklung der südlichen Niederlande bekam im 19. Jahrhundert durch die Gründung des Königreichs Belgien starken Auftrieb und nahm historische Stile wieder auf (P. J. H. Cuypers). Nach 1900 hatte Holland entscheidenden Anteil an der Entwicklung der modernen Architektur; die konstruktive, sachliche Richtung vertrat zuerst H. P. Berlage, dann die Rotterdamer Schule (J. J. Oud, G. T. Rietveld). Auf dem Gebiet der Altstadtsanierung und im Siedlungsbau knüpften die Niederlande an bereits bestehende Strukturen an; so entstand u. a. 1977 in Zwolle eine Siedlung nach dem Vorbild alter niederländischer Wohnhäuser mit abgekapptem Giebel. Auf der anderen Seite bevorzugten Architekten wie R. Koohlhaas und das von ihm gegründete Büro OMA (Niederländisches Tanztheater in Den Haag 19841988) einen rationalen, konstruktiven Baustil und sahen u. a.im Hochhaus die architektonische Lösung der Zukunft. A. Rossi konzipierte 19931995 das Bonnefantenmuseum in Maastricht als streng geometrischen Flügelbau mit Backsteinfassade; dagegen verbindert B. van Berkel in seine großstädtischen Bauten Architektur mit Kunst und Design.
  1. Einleitung
  2. Architektur
  3. Plastik
  4. Malerei
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