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Mit wenig Geld in die Zukunft

© Financial Times Deutschland

Investitionen in die Zukunft

Über das Prinzip herrscht Einigkeit. Deutschlands künftige Regierung muss in die Zukunft des Landes investieren, ob mit Ausgaben zur Verbesserung der Infrastruktur oder für Bildung, Forschung und Entwicklung. Nur: Geld darf das nicht kosten. Im Detail wirken die Vorschläge in den Wahlprogrammen denn auch entweder recht mickrig - oder sehr vage. "Deutschland soll ein Land der Ideen werden", heißt es bei der Union. "Wir setzen auf gute Bildung und Qualifikation", schreibt die SPD. Die FDP stellt fest, dass Innovation ein "gesellschaftliches Umfeld benötigt". Die Grünen sind etwas konkreter und wollen die Zahl der Hochschulabsolventen erhöhen. Die Linkspartei fordert derweil ein "umfangreiches, längerfristig angelegtes Zukunftsinvestitionsprogramm". Wie schwierig die Angelegenheit scheint, zeigt das Beispiel Forschung und Entwicklung. Hier wollen sowohl Union als auch SPD und Grüne die Ausgaben auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen lassen. Dabei haben das SPD und Grüne schon bisher nicht geschafft. Laut SPD soll die Wirtschaft nun zwei Drittel davon übernehmen.

Geringe kurzfristige Effekte erwartet Georg Licht vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hält selbst das für "illusorisch". Derzeit werden rund 2,5 Prozent des BIP in Forschung investiert. "Für zusätzliche Ausgaben fehlen die Mittel." Zudem müssten die Unternehmen mitziehen. "Das halte ich für sehr, sehr unrealistisch." Wenige Impulse seien von der Autoindustrie als einer der traditionell größten Forschungsbranchen zu erwarten. Die kurzfristigen Effekte auf das Wirtschaftswachstum wären ohnehin gering. "65 Prozent der Gelder gehen in Personalkosten", sagt Licht. "Langfristig könnte das mögliche Wachstum allerdings höher ausfallen", so Holger Bahr von der Deka-Bank. Licht schätzt die Rendite der Forschungsausgaben für die gesamte Volkswirtschaft auf vier Prozent. Als wirksamer könnten sich höhere Bildungsausgaben erweisen, sagt Bahr. Die SPD plant, 4 Mrd. Euro für Ganztagsschulen auszugeben. Für Spitzenuniversitäten wollen die Sozialdemokraten 1,9 Mrd. Euro locker machen, die Union immerhin noch 1 Mrd. Euro. Stefan Kohns vom Sachverständigenrat schätzt, dass die Wirtschaftsleistung in den nächsten fünf Jahren um sechs Prozent höher als sonst ausfallen könnte, wenn die Deutschen im Schnitt ein Jahr mehr Bildung bekämen. "Langfristig gäbe es sogar ein Plus von 20 Prozent."

Konkretere Pläne haben die Parteien für Infrastrukturprojekte. Die SPD will für den Bau von Straßen und Schienen jährlich 500 Mio. Euro ausgeben. Die Union will den Transrapid bauen. Begeisterung lösen die Vorschläge allerdings nicht aus. Der SPD-Plan sei "nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein", sagt Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat. Gemessen am derzeitigen BIP, machen die Investitionen pro Jahr gerade 0,025 Prozent aus. "Das ist wirklich zu vernachlässigen", so Bofinger. Das wieder aufgelegte Transrapid-Vorhaben beurteilen die Ökonomen ebenfalls skeptisch. Der Sachverständigenrat riet seinerzeit davon ab, da sich das Unterfangen nicht von allein trage, sondern nur über Subventionen. Befürworter hielten den Transrapid dagegen für ein Aushängeschild deutscher Technologie. "Wer den Transrapid sehen will, kann heute nach Shanghai fahren", so Andreas Scheuerle von der Deka-Bank.

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