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Ökobilanz eines T-Shirts - auch aufs Waschen kommt es an

Die Produktion von Textilien ist meist wenig umweltfreundlich. Doch auch die Wäsche der Kleidung schlägt sich überraschend stark in der Ökobilanz nieder, wie Forscher herausgefunden haben. Demnach trägt das Waschen von T-Shirts genauso viel zum Ausstoß von Treibhausgasen und zur Wasserknappheit bei wie deren Herstellung, Vertrieb und Entsorgung. Durch sparsame Waschprogramme lässt sich diese Bilanz jedoch erheblich verbessern.
SRE, 26.02.2020

Der Baumwollanbau für ein einziges T-Shirt verschlingt bis zu 2000 Liter Wasser. Aber das ist erst der Anfang...

iStock.com, ranplett

Neue Mode mag zwar nett aussehen, in ökologischer und ökonomischer Hinsicht ist sie jedoch eine ziemlich hässliche Angelegenheit. In asiatischen Ländern wie Kambodscha arbeiten Frauen in Textilfabriken 60 Stunden in der Woche für einen Monatslohn von umgerechnet 160 Euro. Doch neben diesen wenig sozialen Bedingungen schadet die Textilproduktion auch der Umwelt: Sie verbraucht Energie, verursacht Treibhausgase und setzt häufig schädliche Chemikalien frei. So entstehen unter anderem beim  Färben der Wäsche giftige Abwässer, die zum Großteil einfach in die Flüsse geleitet werden.

Lebensweg eines T-Shirts

Aber die Herstellung von Kleidung wie T-Shirts ist nicht der einzige Faktor, der die Umwelt belastet. In die Gesamtbilanz gehen auch der Vertrieb, die Wäsche der T-Shirts und die Entsorgung ein. Ein Forscherteam um Martin Roffeis von der TU Berlin hat in der Studie „Der Lebensweg eines T-Shirts – eine Ökobilanz“ untersucht, wie umweltschädlich diese einzelnen Schritte sind und wie viel Treibhausgase bei ihnen freigesetzt werden.

Für die Bewertung der Ökobilanz erstellten die Forscher ein eigenes Modell für den Lebensweg der Kleidung. Dabei gingen sie vom einem handelsüblichen 150 Gramm schweren, aus Baumwolle bestehenden T-Shirt aus, das in Deutschland gekauft wird. Ihr Modell umfasste  die Nutzung der Ressourcen für die T-Shirt-Herstellung, die Verteilung entlang globaler Handelsrouten, die Wäsche und Pflege in Deutschland sowie die anschließende Entsorgung.

Bei der Abschätzung der Umweltauswirkungen berücksichtigten die Wissenschaftler verschiedenste Faktoren: Das Treibhauspotenzial, der Ressourcenverbrauch, die Landnutzung, der Wasserverbrauch, die toxische Wirkung freigesetzter Chemikalien auf Süßwasserorganismen und zahlreiche andere Parameter wurden untersucht.

Der niedrige Preis vieler Textilien ist nicht ein Indiz für die Entlöhnung der Arbeitskräfte, sondern auch dafür, wie mit Abfällen und Abwässern umgegangen wird.

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Schlechte Ökobilanz beim Wäschewaschen

Das Überraschende: Nicht nur der extrem ressourcenfressende Anbau der Baumwolle, sondern auch die Wäsche des Shirts hat enorme Auswirkungen auf die Umwelt. Die Forscher gehen davon aus, dass ein T-Shirt im Schnitt 44-mal gewaschen wird, bevor es im Müll landet. Etwa die Hälfte des Treibhauspotentials und die Hälfte der Wasserverknappung in der Ökobilanz des T-Shirts ist auf diese Wäschen zurückzuführen, wie Roffeis und sein Team berichten.

"Die Wäschepflege trägt somit genauso viel zum ermittelten Treibhauspotenzial und zur potenziellen Wasserverknappung des T-Shirts bei wie dessen Herstellung, Vertrieb und Entsorgung.", sagt Roffeis. Im Ressourcenverbrauch und Versauerungspotential liegt der Anteil des Waschens noch bei 15 bis 24 Prozent. Am geringsten ist der Einfluss des Waschvorgangs bei der Landnutzung und dem toxischen Einfluss aufs Trinkwasser: Hier beträgt der Anteil weniger als fünf Prozent.

Die Wäsche hat einen überraschend großen Einfluss auf die Umweltbilanz eines T-Shirts.

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Einfluss der Kohle im deutschen Strommix

Wie die Forscher herausfanden, ist die schlechte Umweltbilanz der Wäsche vor allem auf den hohen Energieverbrauch der Waschmaschinen und Wäschetrockner zurückzuführen. Ursache dafür ist unter anderem der hohe Anteil an fossilen Energieträgern wie Steinkohle oder Braunkohle bei der Stromerzeugung in Deutschland.

Bei der Stromerzeugung aus Kohle werden nicht nur enorme Mengen an Kohlendioxid freigesetzt, sondern auch große Wassermengen verbraucht, zum Beispiel zur Kühlung von Kraftwerken und für den Betrieb von Turbinen. Die Herstellung des Waschmittels am Ressourcenverbrauch liegt bei etwa acht Prozent.

Umweltfreundliche Waschprogramme verbessern Bilanz

Allerdings ist es nach Aussage der Forscher auch für jeden Einzelnen möglich, die Ökobilanz durch sparsame Waschgewohnheiten zu verbessern. Wer seine Wäsche mit 30 Grad wäscht statt mit 60 Grad, verringert das Treibhauspotential um 37 Prozent.  Bei einer vollen Beladung der Waschmaschine mit sieben Kilogramm Wäsche statt der halben Beladung, von der die Forscher in der Studie ausgingen, verringert sich das Treibhauspotential sogar um 45 Prozent.

"Die Ergebnisse unserer Studie machen deutlich, dass die Verbraucher bereits durch die Wäschepflege einen großen Einfluss auf die Umweltauswirkungen ihrer Kleidung nehmen können. Um beim Waschen und Trocknen im Haushalt die Umweltauswirkungen maßgeblich zu verringern, gilt: Waschen bei niedrigen Temperaturen, genaue Dosierung des Waschmittels, volle Beladung der Waschmaschine und – Wäschetrocknen im Freien.", erklärt Roffeis.

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