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Was tun, wenn man sich verirrt hat?

Bei der aktuellen Hitzewelle kann ein Spaziergang im kühlen Forst eine angenehme Abwechslung darstellen. Doch jedes Jahr kommen zahlreiche Spaziergänger von ihrer Route ab und verirren sich. Wie findet man in dieser Situation den Weg zurück in die Zivilisation? Befolgen verirrte Wanderer die bekannten Tipps und Tricks tatsächlich? Und wie verbringt man im schlimmsten Fall eine annehmbare Nacht im Wald?
THE, 15.08.2024
Frau mit Landkarte auf einer einsamen Straße auf den Färöer

© pixdeluxe, iStock

Wer kennt es nicht: Man stiefelt munter in den Wald hinein, zu einem spontanen Spaziergang. Der Weg wirkt übersichtlich – doch auf einmal kennt man wahlweise das Territorium nicht mehr oder kommt nicht dort an, wo man wollte. Je nach Tageszeit macht sich Nervosität oder Panik breit. Doch aus welchem Grund gehen Leute überhaupt verloren?

Jan Engel vom Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde hat bemerkt, dass viele Wanderer oder etwa Pilzsammler bei ihrer Wegwahl schlichtweg nicht aufpassen. „Wir haben zwei Sorten von Sammlern, die wir beobachten. Manche, die ihr Auto gar nicht aus dem Blick lassen und nur auf sehr kurzen Wegen von beispielsweise Straßen unterwegs sind. Und dann manche, die richtige Fernexpeditionen unternehmen. Vielleicht verlieren die Leute sich beim Pilze sammeln und gehen ihrem Jagdinstinkt so nach, dass sie Raum und Zeit vergessen“, berichtet er dem rbb.

Was tun? – Für die gut Vorbereiteten

Der erste Instinkt vieler Verlorengegangener ist es dann vermutlich, sich mit dem Handy aus der misslichen Lage herauszunavigieren. Das kann funktionieren. Doch der GPS-Empfang von einem Handy ist oft schneller weg als gedacht – dann kann man zwar noch im Notfall den Notruf kontaktieren, aber die Karte selbst ist oft unbrauchbar. „Wir haben viele Gebiete in Brandenburg, wo wir gar kein richtiges Netz haben – insbesondere in den großen Waldgebieten nicht“, erklärt Engel dem rbb.

Aus diesem Grund empfehlen erfahrene Wanderer in ihren Blogs, sich eine Offlinekarte vom geplanten Wandergebiet herunterzuladen. Dafür lässt sich entweder die Offlineversion der Karte, beispielsweise von Google Maps, nutzen. Hier sucht man das gewünschte Gebiet einfach vorher raus, und klickt im Dreipunkte-Menü auf „Onlinekarte herunterladen“. Auch speziell für ein Gebiet angelegte Wanderkarten lassen sich oft digital oder analog erwerben.

Orientierungsloser Wanderer mit Smartphone in der Hand
Generell ist es empfehlenswert, sich nicht auf einziges Orientierungsmittel zu verlassen.

© Studio4, iStock

Wegmarkierungen, Strommasten, Orientierungspunkte

Wenn man allerdings die Chance der gründlichen Vorbereitung mit Onlinekarte verpasst hat, keine analoge Karte dabei hat und der Akku leer ist, gibt es zur Not auch unter freiem Himmel verschiedene Möglichkeiten zur Orientierung. Der erste Tipp, den Experten wiederholen: Die Ruhe bewahren. Zudem ist strategische Orientierung wichtig. Man könnte etwa versuchen, auf einem Hügel zu klettern und dort den Überblick zu gewinnen. Viele Wanderwege in Deutschland sind zudem mit Markierungen versehen, denen man nachgehen kann. Ein Geheimtipp: Strommasten folgen, denn auch diese führen zurück in die Zivilisation.

Der nächste Ort sollte dann nicht allzu schwer zu finden sein, denn laut einer Studie des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung ist kein Standort in Deutschland weiter als 6,3 Kilometer vom nächsten Haus entfernt. Die fünf abgelegensten Gebiete sind Bergen im Süden der Lüneburger Heide, Baumholder in Rheinland-Pfalz, Hohenfels in der Oberpfalz und die Oberlausitz im Nordosten von Sachsen.

Wenn man sich also für eine Route entschieden hat und losläuft, sollte dies trotzdem wohlüberlegt sein. „Am besten eine Richtung beibehalten, die man geht – auch anhand der Sonne und von Geräuschen. Nicht immer nochmal abbiegen, denn man neigt dazu, im Kreis zu laufen“, erklärt Engel. Im besten Fall markiert man sich seinen Weg auch noch, etwa indem man Stöckchen am Wegrand liegen lässt. Alternativ kann man auch versuchen, sich bestimmte Orientierungspunkte wie auffällige Bäume zu merken.

Was verirrte Leute tatsächlich tun

Doch befolgen Menschen all diese Tipps auch tatsächlich? Das haben Ole Edward Wattne, Assistenzprofessor am Fachbereich Design der NTNU in Gjøvik untersucht, indem sie fast 700 Menschen befragten. Konkret wollten sie wissen, wie die Befragten reagiert haben, als sie sich in der Vergangenheit verirrt hatten, aber den Weg ohne eine Rettungsaktion wieder zurückfanden.

„Eine in der Literatur häufig anzutreffende Annahme ist, dass Menschen auf die sogenannte Zufallssuche zurückgreifen, wenn sie sich verirren. Mit anderen Worten: Sie wandern ziellos umher und versuchen, einen Weg zurückzufinden. Unsere Forschung bestätigt, dass manche Menschen genau das tun, aber im Allgemeinen ist das, was passiert, viel nuancierter“, so Wattne gegenüber den Norwegian SciTechNews.

Stattdessen nutzten die meisten Verirrten digitale Karten wie Google Maps, um den Weg zu finden. Oder sie orientieren sich an Orientierungspunkten wie markanten Bäumen oder Bergen. Doch es gibt auch wagemutigere Wanderer, die sich mit unkonventionellen Methoden aus ihrer misslichen Lage zu befreien versuchen. „Drei Leute ließen einfach ihren Hund den Weg finden. Einige Personen orientierten sich anhand von Geräuschen, beispielsweise von Verkehrsgeräuschen oder Wasserfällen. Andere nutzten die Neigung des Geländes, um sich in einer nebelverhangenen Landschaft zu orientieren“, so Wattne.

Es wird dunkel – was nun?

Und was, wenn das Handy keinen Empfang hat, es keine Markierungen gibt, vom Hügel aus keine Siedlungen zu sehen sind, man keinen orientierungskundignen Hund besitzt und es zu allem Überfluss jetzt auch noch anfängt zu dämmern? Der Wanderführer Jürgen Wachowski empfiehlt in diesem Fall, nicht weiterzulaufen, wenn es dunkel wird. Denn wenn man nicht mehr klar sieht, kann man eher stolpern und sich im schlimmsten Fall sogar den Knöchel verstauchen oder anderweitig verletzen.

Besser ist es laut Wachowski, die Übernachtung im Wald zu planen. Idealerweise sucht man sich eine Schutzhütte oder einen Hochsitz zum Schlafen. Wenn nichts Derartiges in der Nähe ist, sollte man sich einen Unterschlupf aus Ästen und Laub bauen. „Was viele nicht wissen: Laub wärmt sehr gut, deshalb kann man es bei Kälte auch in die Kleidung packen“, berichtet er der Onlinezeitung Wanderfit.

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