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Wussten Sie, dass die meisten Matratzen-Tests nur täuschen?

Sich im Matratzen-Urwald zurecht zu finden, wird von vielen Konsumenten als eine Mammutaufgabe wahrgenommen. Nicht grundlos suchen Deutsche bei keiner anderen Anschaffung häufiger den Rat der Stiftung Warentest als beim Matratzenkauf.

Der Verbraucher verlässt sich beim Matratzenkauf hauptsächlich auf Tests und Vergleiche im Internet. Doch hier ist Vorsicht geboten.

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Ist auf den Test-Sieger überhaupt noch Verlass?

Wer sich eine neue Matratze anschaffen will, informiert sich heutzutage erstmal vorab hauptsächlich ausgiebig im Internet über das vielfältige, geradezu ausufernde Angebot. Dabei spielen das Preis-Leistungsverhältnis, Erfahrungsberichte und augenscheinlich professionelle Bewertungen in Form von durchgeführten Tests eine große Rolle. Aber wussten sie, dass die meisten Matratzen-Tests nur täuschen? Den Bewertungen und Tests sollte man daher nicht immer trauen.

Längst vertraut auch nicht mehr jeder Verbraucher auf die Ergebnisse von der Stiftung Warentest, aber daneben haben sich in der Vergangenheit noch etliche weitere Vergleichs- und Testportale aufgetan.

Alexander Behr, Gründer vom online Matratzen Startup Snooze Project, warnt vor diesen angeblichen Matratzen Testsiegern. So ist es Gang und Gebe, dass für gute Platzierungen bei einem Matratzen Test beachtliche Provisionen gezahlt werden. Schnell wird die teuerste Matratze so zum Testsieger. Die Gründer des jungen Startup möchten hier nicht mitspielen und entschieden sich daher mit “der ehrlichen Matratze” von Vergleichsseiten fern zu bleiben. Stattdessen räumen sie ihren Kunden 100 Nächte zum Probeliegen ein, denn aus ihrer Sicht ist der Kunde selbst die beste Testperson.

STIFTUNG WARENTEST UND IHRE SCHWACHSTELLEN

Die Stiftung Warentest machte in der Vergangenheit häufiger Schlagzeilen. Sie soll Produkte offensichtlich zu hart bewertet haben und wurde dafür auch prompt verklagt. Fakt ist, dass ein vernichtendes Urteil ihrerseits das Aus für ein Produkt und einen Verlust in Millionen-Höhe für ein Unternehmen bedeuten kann. Da stellt sich die Frage, woran orientiert sich die Bewertung, was genau wird getestet oder unter die Lupe genommen?

Bewertungskriterien der Stiftung Warentest passen sich dem Zeitgeist an

  • Sicherheit
  • Leistungsfähigkeit
  • Handhabung
  • Energieverbrauch
  • Schadstoffe
  • Social Responsibility (Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung)
  • Datensicherheit

Als gemeinnützige Verbraucherorganisation wurde sie im Jahr 1964 ins Leben gerufen. Vom Staat beauftragt und mit Steuermitteln gefördert untersuchen und vergleichen ihre Mitarbeiter Waren und Dienstleistungen verschiedenster Anbieter. Anfänglich wurde vor allem die Sicherheit als auch die Leistungsfähigkeit getestet. Aber schnell wurde klar, dass auch die Handhabung als Qualitätsmerkmal berücksichtigt werden muss. Dem Zeitgeist entsprechend kamen peu á peu schließlich noch weitere Kriterien wie Energieverbrauch, Schadstoffmessungen oder Fragen ethischer Natur dazu.

Sobald ein gesetzlich festgelegter Grenzwert überschritten wird, schlägt die Stiftung Alarm. Der Wissenschaftler Alexander Breunig ist aber der Meinung, dass hier mittlerweile nur noch willkürlich Ängste der Verbraucher geschürt werden, die teilweise völlig unberechtigt seien. Eine minimale Überschreitung der in Deutschland festgelegten Grenzweite sei unbedenklich, da diese schon sehr streng bemessen seien. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht die Problematik darin, dass die Stiftung Warentest ihre Testergebnisse oftmals so kommuniziert, dass diese schnell zu vermeintlichen Gesundheitsrisiken gedeutet werden, aber oftmals gar nicht so gravierend sind.

Wenn die Stiftung Warentest Matratzen unter die Lupe nimmt, unterlaufen verschiedene Modelle ein und dasselbe aufwendige Prüfprogramm:

Geprüft werden:

  • Haltbarkeit
  • Feuchtigkeit und Temperatur
  • Härte
  • Liegeeigenschaften
  • Komfort
  • Schadstoffe

Dabei versuchen sie schlechte oder falsch deklarierte Produkte, unterschlagene Informationen, Gepanschtes oder Mängel aufzuspüren und mögliche Betrugsversuche aufzudecken, um anschließend die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten.

Für den Verbraucherschutz ist das doch eine tolle Sache, dass sich jemand darüber Gedanken macht, wem oder was wir in unserem Alltag so alles ausgesetzt sind. Anhand der Ergebnisse kann dann immer noch selbst entscheiden werden, ob ein eventuelles Risiko in Kauf genommen wird oder eben doch lieber nicht. Aber das System weist immer häufiger Schwachstellen auf.

Offensichtlich gibt es aber auch Schwachstellen im System

Prinzipiell ist die Idee hinter der Stiftung Warentest eine sehr gute. Sie agieren unabhängig, da sie sich hauptsächlich selbst durch den Verkauf von Zeitschriften, Büchern oder digitalen Veröffentlichungen finanzieren. Zusätzlich erhalten sie dann noch die notwendige Unterstützung vom Staat. Sie verdienen also kein Geld mit Anzeigenwerbung. Interessenkonflikte mit Herstellern bewerteter Produkte sollten daher ausgeschlossen sein.

Anonym ausgewählte Produkte werden von unabhängigen Prüfstellen genauestens untersucht.

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Sie kauft auch selbst anonym im Handel ein und lässt die Produkte dann in unabhängigen Laboren gründlich untersuchen. Diese müssen der Stiftung schriftlich versichern, dass sie dabei neutral bleiben und objektive Bewertungen abliefern. Aber kann man dabei wirklich noch neutral bleiben?

Politiker stellen sich diese Frage ebenfalls und fordern daher mehr Transparenz über das Zustandekommen von Testergebnissen: „Wenn Wächter wie die Stiftung Warentest hohe moralische Maßstäbe anlegen, müssen sie diese auch gegen sich anlegen lassen. So äußerte sich einst schon der saarländische Verbraucherschutzminister Reinhold Jost (SPD).

Neben der Stiftung Warentest haben sich mittlerweile zahlreiche Vergleichsportale im Internet aufgetan, bei denen allerdings oftmals der Preis im Fokus steht. Sie werben zwar auch bewusst damit, unabhängig zu sein, Doch die Fassade bröckelt. Immer wieder werden Beschuldigungen des „Unlauteren Wettbewerbs“ laut.

UNLAUTERER WETTBEWERB BEI VERGLEICHSPORTALEN

Wenn man bedenkt, wie sich die Stiftung Warentest finanziert, stellt sich doch direkt die Frage, wie das denn die Online-Vergleichsportale machen. Einige wenige davon mögen die Produkte wirklich testen, schließlich bekommt man von zahlreichen Herstellern kostenlos Produkte dafür zur Verfügung gestellt.

Können die Tester bei diesen verführerischen Methoden noch neutral urteilen?

Wie weit reicht die Unabhängigkeit der Tester, wenn die Hersteller diese mit ihren Produkten locken?

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Ob sie bei ihrer Bewertung aber wirklich neutral bleiben, ist die andere Frage. Es wäre nur menschlich, wenn die Tester hinsichtlich kostenloser Produkte und weiterer Vergünstigungen bessere Bewertungen abgeben, als ein unvoreingenommener Kunde. Nicht selten helfen die Hersteller auch mal mit interessanten Anreizen wie Einkaufsgutscheinen oder hochwertigen Geschenken dabei etwas nach.

Interessant ist auch, dass hier kaum oder gar nicht über die angewandten Testmethoden informiert wird. Da ist es doch schon fraglich, ob überhaupt reale Tests durchgeführt werden. Auf diese Weise könnten die Testkriterien auch frei nach Belieben ausgewählt und gewichtet werden. Auffällig ist auch, dass die Ergebnisse vielfach von denen der Stiftung Warentest abweichen. Es macht also offensichtlich den Anschein, als würden diese Portale individuelle Interessen verfolgen.

Die meisten Online Vergleichsportale werden für ihre vermeintlichen Tests entlohnt

Die meisten Online Vergleichsportale werden von „Affiliate Unternehmen“ betrieben, die für ihre vermeintlichen Tests etwa 20 – 30 Prozent Provision einheimsen. Wenn ersichtlich ist, dass der Kunde über sie aufmerksam auf das Produkt geworden ist, erhalten sie oft noch mehr. Kein Wunder, dass der Anbieter, der am besten zahlt dann auch mal schnell erfolgsversprechend zum Testsieger gekürt wird.

Manche Testportale werden sogar direkt vom Hersteller betrieben. Daher sollte man bei solchen Empfehlungen immer recht vorsichtig sein. Der Kunde kann sich natürlich davon anregen lassen, blind vertrauen sollte man dem ganzen jedoch nicht. Bei jedem Testergebnis sollte man sich fragen, wer dafür bezahlt hat und welche Interessen im Ergebnisbericht im Vordergrund stehen. Am besten überzeugen sie sich von der Qualität der Produkte immer noch selbst.

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