Warum ist die Sprache der Jugendlichen für Erwachsene so schwer zu verstehen? Ganz einfach: Weil die Jugendlichen wollen, dass sie schwer zu verstehen ist. Die Jugendlichen grenzen sich in ihrem Sprachgebrauch bewusst von der Welt der Erwachsenen ab. Außerdem: Wer die gleiche Sprache spricht, demonstriert Zusammengehörigkeitsgefühl. Und wer die Sprache virtuos beherrscht, kann sie zur Selbstprofilierung einsetzen. Während sich Jugendforscher und Linguisten darüber streiten, ob es so etwas wie eine Jugendsprache überhaupt gibt, können wir ja schon einmal einen Blick in den Sprachgebrauch der Jugendlichen (nicht nur von heute) werfen.
Von “Back Comb” bis “Writer”
Back Comb
Populärer Haarschnitt bei den britischen Mods. Die Haare wurden seitlich gescheitelt und in der Mitte des Scheitels fächerartig über den Hinterkopf gekämmt und toupiert, um einen betonten Hinterkopf zu erhalten. Die Frisur war besonders aufwändig und wurde in den 1960er Jahren zunächst nur von Damenfriseuren kreiert, die sich in der Praxis besser damit auskannten.
Bricolage
Von dem Ethnologen Claude Levi Strauss eingeführter Begriff, der die Technik bezeichnet, vorhandene Gegenstände in neue Zusammenhänge zu stellen. Der Begriff wurde von “Wilden Kulturen” auf Jugendkulturen bezogen und beschreibt deren Stil bildende Technik, zum Beispiel Sicherheitsnadeln als Ohrschmuck zu verwenden, um Alltagsgegenständen damit eine neue Bedeutung zu verleihen. Bricolage kann im Sinne von “Bastelei” verstanden werden.
Creeper
Zu deutsch: Schleicher. Schuhe mit dicken Kreppsohlen die in den 1950er Jahren von Teds und Rockabillies getragen wurden. Im Zusammenhang mit dem Revival der 1950er Jahre wurden diese Schuhe in den 1980er Jahren neu in einer Farbskala von rosa bis grün produziert und auch von Punks getragen.
Crew
Begriffe wie Jugendkultur oder Subkultur werden heute vor allem von den Jugendlichen selbst nicht verwendet. Diese Begriffe weichen dem offeneren Konzept der Szene, das ein loses Netzwerk von Gleichgesinnten meint. Neben diesem Begriff werden von Jugendlichen aber vor allem Begriffe wie Posse, Crew oder Family verwendet, die einen engeren, persönlichen Bezug untereinander andeuten.
Faces
In den 1960er Jahren verwendeter Begriff für wirklich unglaublich coole Individualisten, die jeder in der Szene kannte.
Generation X
Buchtitel von Douglas Couplands Roman über die so genannten Twentysomethings, anknüpfend an den Begriff “Lost Generation”, der in der Literaturkritik für die desillusionierte Generation zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg verwendet wurde. Coupland bezieht sich mit seinem Begriff auf eine Generation ohne Identität (X), die Nachkommen der so genannten 68er Generation, die eigentlich nichts hat, wogegen sie noch rebellieren kann. Der Begriff läutet eine Welle der Generationsbegriffe ein, die sich vor allem gut vermarkten lassen: Generation Golf, Generation @, Generation kick.de, Generation Ally.
MC
Der wortgewandte Master of Ceremonies, der die vom DJ kreierten Sounds mit seinem Sprechgesang begleitet.
Old School
Zu deutsch: “Alte Schule”; bezieht sich auf die Ursprünge einer Jugendkultur. Die ersten Elemente des Stils werden in Musik oder Kleidung wiederentdeckt und wiederverwertet. Old School bezeichnet damit ein szeneinternes Revival. Gleichzeitig wird dieses aber auch von der Industrie aufgegriffen. Ein gutes Beispiel ist die Originals-Linie von Adidas: Alte Turnschuhe der siebziger Jahre, die in den 1990er Jahren in der Hiphop-Kultur wieder auftauchten, werden nun von der Industrie wieder neu aufgelegt.
Ready Steady Go!
Erste englische Musiksendung, die erstmals 1964 ausgestrahlt wurde. Die Musikshow war speziell an das Publikum der Teenager gerichtet. Die Show zeigte Auftritte von Beatbands vor einem Teen-Publikum die gleichzeitig die neuesten Tanzstile und Bekleidungsmoden vorführten. Auf diese Weise fanden jugendkulturelle Moden, neben Spielfilmen, eine schnelle überregionale Verbreitung. In seiner Funktion ist die Show u.a. ein Vorläufer von MTV und VIVA.
Retro-Szenen
Jugendszenen, die in der Tradition einer historischen Jugendkultur stehen. Beispiele sind die Rockabillies oder Mods. Meistens existieren diese Szenen schon seit den 1980er Jahren. Retro ist eine gute Möglichkeiten sich von den immer jugendlicher aussehenden Erwachsenen abzusetzen, da diese zwar gegenwärtige “junge Mode” tragen, aber nicht mehr die Kleider ihrer eigenen Jugend.
Sampling
Das Mixen auf Vinyl gespeicherter Sounds ist die Produktionsgrundlage der DJ-Musik. Die Technik ermöglicht, Musik- und Geräuschsequenzen unterschiedlichster Zeiten und Stilen in neuen Kompositionen zusammenzusetzen. Im übertragenen Sinne findet Sampling nicht nur in der Musik, sondern zum Beispiel auch in der Mode statt, in dem Zitate historischer Epochen oder gegenwärtiger Stile selektiert werden und in neuen Kombinationen abgemischt werden.
Straight Edge
“Straight” meint “gerade”, “gerade heraus” oder “echt”. Es bezeichnet eine Haltung, die sich aus der Punk-Rock-Bewegung entwickelt hat und den Verzicht auf Alkohol, Zigaretten, jegliche Art von Drogen, Fleisch und auch sexuelle Abstinenz meint. Im Englischen wird der Begriff auch oft im Sinne eines “clean up” gebraucht und meint den Verzicht auf Piercings und Tattoos. Nachdem Alkohol-Ekzess und Drogenkonsum Normalität geworden sind, kann Punk in den Augen der Straight-Edger seine Position als Anti-Establishment nur behaupten, in dem es zu strikten, konservativen Haltungen wie Alkohol-Verzicht übergeht.
Tag
“Unterschrift” der Graffiti-Sprayer. Üblicherweise findet man Tags unter Graffitis oder auch isoliert an Toilettenwänden und in U-Bahnen. Tags sind wie Graffitis ein Teil der HipHop-Kultur und signalisieren territoriale und stilistische Präsenz.
Veganer
Totale Verweigerung gegenüber jeglichen tierischen Produkten und damit eine gesteigerte Form des Vegetariers. Statt Kleidung aus Wolle, Leder oder Pelz trägt der Veganer ausschließlich Kleidung aus synthetischen Produkten oder Hanf und Baumwolle. Viele Straight-Edger sind vegan.
Writer
Synonym für Sprayer oder Painter der Hiphop- bzw. Graffiti-Szene