wissen.de Artikel
Glyphosat: Die wichtigsten Fragen rund um das umstrittene Herbizid
Das Herbizid Glyphosat ist das weltweit am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel. Allein 2014 wurden auf jedem Hektar Ackerland weltweit umgerechnet ein halbes Kilogramm Glyphosat versprüht, wie Forscher kürzlich ermittelt haben. Insgesamt haben Landwirte global bereits 8,6 Milliarden Kilogramm des Herbizids ausgebracht. Das ist mehr als von jedem anderen Unkrautvernichter in der Geschichte.
Wie wirkt Glyphosat?
Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wurde 1974 vom Konzern Monsanto als "Roundup" auf den Markt gebracht. Es hemmt unspezifisch das Wachstum von Pflanzen und soll daher verhindern, dass Äcker schon vor dem Hochschießen des Getreides oder anderer Nutzpflanzen von Unkräutern überwachsen werden. Meist wird das Glyphosat daher unmittelbar nach der Aussaat der Nutzpflanzen eingesetzt, aber auch im Weinbau und in Obstanlagen.
Einige Nutzpflanzensorten sind zudem inzwischen per Gentechnik mit einem "Schutzgen" gegen dieses Mittel ausgestattet worden. Diese Felder können daher noch bis kurz vor der Ernte mit Glyphosat gespritzt werden. Laut einer Studie aus dem Jahr 2013 werden in Deutschland rund ein Drittel aller Felder mit Glyphosat behandelt. Glyphosat steckt aber auch in Herbiziden, die in privaten Gärten, öffentlichen Parkanlagen oder auf Bahngelände zum Einsatz kommen.
Wie kommt das Glyphosat ins Bier?
Das Glyphosat ist sogar so allgegenwärtig, dass man jetzt schon Rückstände davon in Bier nachgewiesen hat: Tester im Auftrag des Umweltinstituts München hatten Biere der 14 beliebtesten Biermarken Deutschlands auf Spuren des Unkrautvernichters analysiert – und wurden in allen Proben fündig. Die Proben enthielten demnach zwischen 0,5 und 30 Mikrogramm Glyphosat pro Liter Bier, das ist bis zu 300-fach über dem für Trinkwasser geltenden Grenzwert.
Die Quelle der Glyphosat-Rückstände im Bier ist wahrscheinlich das Getreide, das für die Bierherstellung benötigt wird. Zwar ist das Spritzen des Herbizids direkt vor der Ernte bei Brauerei-Gerste oder -Weizen verboten, aber vor und nach der Aussaat wird das Herbizid gespritzt und kann daher in Pflanzen und Boden noch vorhanden sein.
Wer stuft Glyphosat als krebserregend ein und warum?
Die möglichen Gesundheitsfolgen des Glyphosats sind der Knackpunkt der momentanen Diskussion. Denn im März 2015 stufte die Krebsforschungsabteilung der Weltgesundheitsorganisation WHO Glyphosat in einer Fachveröffentlichung offiziell als "wahrscheinlich krebserregend beim Menschen" ein. Damit ordneten sie das Herbizid sogar in die zweithöchste der fünf WHO-Kategorien für Krebsrisiken ein.
Begründet wird diese Einstufung unter anderem mit Studien, nach denen das Pestizid DNA- und Chromosomenschäden in menschlichen und tierischen Zellen auslöste. Zudem führte Glyphosat bei Mäusen und Ratten zu verschiedenen Krebstumoren. Bei Feldarbeitern in den USA, Kanada und Schweden trat das Non-Hodgkin-Lymphom häufiger auf, wenn diese Glyphosat einsetzen. Die Hinweise für eine karzinogene Wirkung bei Tieren sei ausreichend, sagt deshalb die WHO.
Und wieso wird das bestritten?
Weil die EU im Juni 2016 entscheiden muss, ob Glyphosat weiter zugelassen bleibt, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihrerseits den bisherigen Forschungsstand ausgewertet. Dabei stützte sie sich vor allem auf einen Bericht des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Diese jedoch kamen schon 2014 zu dem Schluss, dass Glyphosat nicht krebserregend ist und die EFSA schloss sich 2015 dieser Meinung an.
Die EFSA stellte zudem eine sogenannte Akute Referenzdosis auf. Dieser Wert gibt an, wie viel eines Wirkstoffes ein Mensch an einem Tag bedenkenlos aufnehmen kann. Für Glyphosat soll diese Dosis nun 0,5 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht betragen. Dies jedoch kritisieren Forscher, Verbraucherschützer und Umweltschutzverbände scharf. Denn sie betonen, dass es bei einem möglicherweise krebserregenden Stoff keine unschädliche Dosis gibt. Schon bei einem begründeten Verdacht, dass ein Stoff krebserregend sei, müsse dieser daher aus dem Verkehr gezogen werden.