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Hyperloop-Züge: Zukunft oder Fiktion?
Elon Musk, Gründer von Tesla und SpaceX, stellte 2013 das Hyperloop-Projekt erstmals in einer Designstudie vor. Seine Vision klang verlockend: Ultraschnelle Hyperloop-Züge sollten so schnell wie Flugzeuge reisen, billiger sein als Hochgeschwindigkeitszüge und ihren Energieverbrauch selbst über Solarpanels decken. Die Fahrtzeit zwischen Hamburg und München würde von 7,5 Autostunden auf knapp 40 Minuten beschnitten. Für Pendler würden sich neue Welten öffnen, die Jobauswahl massiv ansteigen.
So funktioniert der Hyperloop
Beim schnellen Reisen stehen wir aber vor zwei Problemen: Luftwiderstand und Bodenreibung. Flugzeuge vermeiden beide Hindernisse, indem sie durch die dünnere Luft in großen Höhen fliegen. Der Hyperloop umgeht die Abbremsung durch Luft und Boden ganz ähnlich wie ein Flugzeug.
Das Prinzip: Passagierkapseln rasen, wie Perlen auf einer Schnur, ohne Berührung durch luftleere Röhren, in denen Pumpen ein Fast-Vakuum erzeugen.
Die paarweise angeordneten Vakuum-Röhren solcher Hyperloop-Strecken sollen etwa 3,50 Meter Durchmesser haben und entweder auf Stelzen stehen oder unterhalb der Erdoberfläche liegen. Die fensterlosen Kapseln fassen 10 bis 40 Passagiere und schweben durch Magneten oder auf einem Millimeter dünnen Luftpolstern – wie eine riesige Rohrpost. Antrieb und Bremsung erfolgt über Linearmotoren, die über magnetische Kräfte beispielsweise auch den Transrapid in Shanghai antreiben.
Wie weit ist die Entwicklung?
Mit seiner Designstudie hat Elon Musk die Entwicklung des Hyperloops sozusagen an die Öffentlichkeit outgesourct: Jeder kann Ideen beisteuern, jeder kann ein eigenes Projekt starten. Seitdem befinden sich mehrere Unternehmen in verschiedenen Entwicklungsphasen eines solchen Beförderungsmittels. Am weitesten ist wohl die Firma "Virgin Hyperloop One", die in der Wüste Nevadas eine knapp 500 Meter lange Teststrecke mit Kapseln in Originalgröße gebaut hat. Ihr aktueller Geschwindigkeitsrekord liegt bei 387 Kilometern pro Stunde. Bis 2021 wollen die Ingenieure aber über 1.000 Kilometer pro Stunde erreichen.
Obwohl die Technologie noch nicht ausgereift scheint, planen die Entwickler schon Routen in der ganzen Welt. Virgin Hyperloop One schlägt mehrere Strecken in Nordamerika, Europa und Indien vor, unter anderem zwischen Chicago und Pittsburgh oder von London nach Edinburgh. Die Routen müssen aber sorgfältig geplant sein. Existierende Infrastruktur darf nicht gestört und Umweltschutzgebiete müssen beachtet werden. Das Problem: Die Strecke sollte möglichst gerade sein. In Kurven müssten Kapseln abgebremst werden, sonst wirkten dort zu hohe G-Kräfte auf den Körper.
Technische Probleme
Bis jetzt ist allerdings noch kein Passagier durch die Vakuum-Röhren gedüst. Tatsächlich zweifeln viele Wissenschaftler und Ingenieure am Hyperloop, die technischen Herausforderungen würden unterschätzt. Das größte Problem sei es, in den mehrere hundert Kilometer langen Röhren ein konstantes Vakuum aufrecht zu erhalten, besonders wenn tausende Kapseln in etlichen Haltestellen ein- und ausfahren. Auch Luftlecks in der Röhre würden die Arbeit etlicher Pumpen erfordern und einen immensen Wartungsaufwand mit sich bringen.
Ein weiteres Problem ist die Sonne: Wenn sich die Stahlröhren im Sonnenlicht erwärmen, dehnt sich das Metall aus. Ein 100 Kilometer langer Tunnel könnte sich so um 50 Meter ausdehnen, Lecks wären vorprogrammiert. Elon Musk schlägt für dieses Problem Dehnungsfugen vor, ähnlich denen, die auch Brücken vor Hitzeschäden schützen. Auf der Strecke Hamburg – München ginge die nötige Anzahl solcher Fugen aber in die Tausende und der Wartungsaufwand wäre wieder enorm.
Zur Sicherheit ist wenig bekannt
Bei einer tonnenschweren Kapsel, die durch ein Fast-Vakuum rast, stellt sich ziemlich schnell die Frage nach der Sicherheit. Was passiert, wenn bei einem Unfall die Kapsel bricht? Ersticken Passagiere dann wie Astronauten im All? Halten die Röhren einem Erdbeben stand? Generell ist bisher nur wenig zur Sicherheit bekannt. Es soll zwar ein Notbremssystem geben, bei den hohen Geschwindigkeiten ergeben sich aber ein Bremsweg von zwei Kilometern und eine Bremszeit von mindestens 15 Sekunden. Für ein Erdbebenfrühwarnsystem ist dies häufig zu spät.
Hohe G-Kräfte und Übelkeit wären aber trotz der hohen Geschwindigkeit voraussichtlich kein Problem. Bei der Beschleunigung und in Kurven sollen höchstens 1,5 G auf den Passagier wirken, das entspricht etwa den gleichen Kräften wie bei Start und Landung eines Flugzeugs. Aber würden Menschen überhaupt in die Kapsel steigen wollen? Umfragen zufolge leiden 15 Prozent der Deutschen unter Flugangst; nur jeder Vierte ist hierzulande uneingeschränkt dazu bereit, sich in ein selbstfahrendes Auto zu setzen. Wie der Hyperloop bei Konsumenten ankommen würde, ist daher noch ungewiss.
Zu welchem Preis?
Nicht nur Passagiere müssen überzeugt werden, auch Investoren. Musk veranschlagte in seiner Gedankenstudie einen Preis von sechs Milliarden US-Dollar für eine Strecke zwischen Los Angeles und San Francisco. Ein Schnäppchen, dachten viele. Zum Vergleich: Die aktuell geplante Schnellbahn soll auf gleicher Strecke 68 Milliarden US-Dollar kosten. Hyperloop-Tickets wären für 20 US-Dollar erhältlich, für den Schnellzug werden voraussichtlich nur 80 bis 90 US-Dollar fällig. Als die technischen Überlegungen voranschritten, stieg aber auch der Preis. Heute rechnet man eher mit Kosten von 100 Milliarden US-Dollar für den kalifornischen Hyperloop, was Ticketpreise weit jenseits der 20 US-Dollar katapultieren würde.
Der Hype um den Hyperloop ist groß, doch die Zweifler sind deutlich zu hören. Transportsicherheit und Finanzpläne sind zwar weniger interessant als Geschwindigkeitsrekorde, aber umso wichtiger. Der Teufel sitzt hier im Detail. So steht und fällt der Hyperloop nicht nur mit der (noch unausgereiften) Technik, sondern auch mit den gesetzlichen Regularien zu Sicherheit und Umwelt.