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Was tun bei Verdacht auf Behandlungsfehler?
Medikament falsch dosiert, Patient verwechselt, Hygieneregeln missachtet oder eindeutige Symptome nicht erkannt: In fast allen Bereichen der medizinischen Versorgung können Fehler passieren. Schließlich sind Ärzte und Krankenpfleger auch nur Menschen. Für betroffene Patienten haben Diagnose- oder Behandlungsfehler im schlimmsten Fall gesundheitsgefährdende Folgen. Doch wie häufig sind sie überhaupt?
Experten gehen davon aus, dass es allein in deutschen Krankenhäusern bei jährlich rund 20 Millionen Behandlungen etwa 400.000 bis 800.000 Mal zu vermeidbaren Fehlern kommt. Auch eine aktuelle Umfrage der Techniker Krankenkasse legt nahe, dass solche Vorfälle keine Seltenheit sind. Demnach vermuten zwölf Prozent der Menschen in Deutschland, in den letzten zehn Jahren Opfer eines medizinischen Fehlers bei einer Untersuchung oder Behandlung geworden zu sein. Vier Prozent glauben sogar, dass es mehrmals zu einem Fehler gekommen ist. Insgesamt berichtet also jeder sechste Befragte von einem vermuteten Fehler.
Liegt wirklich ein Fehler vor?
Bemerkenswert ist: Obwohl sie sich nicht gut behandelt fühlten, hat sich der Umfrage zur Folge nur eine Minderheit der Betroffenen externe Hilfe oder Beratung geholt. Dabei gibt es zahlreiche Angebote, die Patienten bei einem Verdacht auf Behandlungsfehler nutzen können - und auch sollten. Oft hilft zwar schon ein klärendes Gespräch mit dem verantwortlichen Arzt. Doch gerade wenn möglicherweise Schadensansprüche geltend gemacht werden sollen, ist zusätzliche Unterstützung empfehlenswert.
Denn ob wirklich ein Fehler passiert ist und welche Ansprüche dadurch entstehen, ist für Laien nur schwer nachzuvollziehen. Allgemein gilt, dass ein Behandlungsfehler dann vorliegt, wenn die medizinische Maßnahme nicht dem anerkannten Standard entspricht. Um einen Diagnosefehler handelt es sich, wenn der Arzt eine Erkrankung oder Verletzung schuldhaft nicht erkannt hat. Das heißt: Er hätte angesichts der ihm vorliegenden Informationen die wahre Ursache für die Beschwerden seines Patienten auf jeden Fall erkennen müssen.
Ansprechpartner Krankenkasse
Doch wie lässt sich das zweifelsfrei klären? Ein wichtiger Ansprechpartner ist in solchen Situationen die Krankenkasse. Alle gesetzlichen Krankenkassen sind dazu verpflichtet, ihre Mitglieder bei der Verfolgung von aus Behandlungsfehlern entstandenen Schadensansprüchen zu unterstützen - vorausgesetzt, der Schaden ist im Rahmen einer Kassenleistung entstanden. Dabei haben die Krankenkassen zum Beispiel die Möglichkeit, beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein Sachverständigengutachten zu beauftragen.
Auch die Ärzteschaft selbst hat Einrichtungen gegründet, die Patienten bei der Klärung helfen. So bieten die Gutachterkommissionen oder Schlichtungsstellen der Landesärztekammern ebenfalls an, vermutete Behandlungsfehler zu begutachten. So lässt sich herausfinden, ob wirklich ein medizinischer Fehler vorliegt und was dies für den Betroffenen bedeutet.
Achtung, Verjährungsfrist!
Eine weitere Anlaufstelle ist die Unabhängige Patientenberatung: Dort kann sich jeder Bürger kostenfrei und wenn gewünscht anonym per Telefon, online oder in Beratungsstellen vor Ort von unabhängigen Experten helfen lassen. Neben der Beratung auf Deutsch gehört auch eine Beratung in türkischer, arabischer und russischer Sprache zum Angebot dieser gemeinnützigen Einrichtung.
Doch egal an wen sich vermeintlich falsch behandelte Patienten wenden: wichtig ist, es rechtzeitig zu tun. Ansprüche aus Behandlungsfehlern verjähren nämlich in der Regel nach drei Jahren - die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Entscheidend ist dabei, wann der Betroffene erstmals Kenntnis über den Fehler und dessen Verursacher erlangt hat.