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Diese neuen Krebstherapien machen Hoffnung

In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa eine halbe Million Menschen an Krebs – und viele sterben daran. Doch in den letzten Jahren sind die Überlebenschancen bei vielen Krebsarten deutlich gestiegen, vor allem dank neuer Therapiemöglichkeiten. Welche sind das? Wie verbessern sie zusätzlich die Lebensqualität? Und welche weiteren vielversprechenden Therapien könnten in den nächsten Jahren zugelassen werden?
AMA, 04.02.2025
Fadenkreuz mit Krebzellen

© wildpixel, iStock

Die Diagnose Krebs ist ein Schock. Aber anders als vor ein paar Jahrzehnten stehen die Chance, den Krebs zu besiegen und zu überleben, heute oft ganz gut. Tatsächlich liegt die relative Zehn-Jahres-Überlebensrate mittlerweile für Frauen bei 61 Prozent und für Männer bei 57 Prozent. Bei manchen Krebsarten ist eine Heilung sogar noch deutlich wahrscheinlicher. Das ist unter anderem großen Fortschritten in der Forschung und neuen Therapien zu verdanken, die gezielter und effizienter wirken. Am heutigen Weltkrebstag stellen wir mehrere solcher Beispiele vor:

Brustkrebs: Personalisierte Behandlungen erhöhen Heilungschance

Mit rund 74.500 Neuerkrankungen jährlich ist Brustkrebs die mit Abstand häufigste Krebsart bei Frauen in Deutschland. Etwa 13 von 100 Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens daran. Das Positive jedoch: „Die Heilungschance bei Brustkrebs hat sich in den letzten 20 Jahren dramatisch verbessert – wir gehen heute von einer Heilungsrate von 80 bis 90 Prozent aus“, erklärt Wolfgang Janni von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG). Patientinnen müssen unter der Behandlung außerdem nicht mehr so stark leiden wie früher. Zum Beispiel müssen sie sich nicht mehr pauschal einer Chemotherapie unterziehen.

„Dank moderner Diagnostik und neuer Medikamentengruppen, wie Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten und CDK4/6-Inhibitoren, können wir gezielter und schonender therapieren“, sagt Janni. Das gelingt, indem die Mediziner Proben aus dem Tumorgewebe entnehmen und analysieren, um welche Art von Brustkrebs es sich handelt. So können sie darauf zugeschnittene Therapien wählen. Die erwähnten Antikörper-Wirkstoff-Kombinationen wirken zum Beispiel, indem sie an die Oberflächenstruktur von Krebszellen andocken und von diesen aufgenommen werden. Dann zerstört der Wirkstoff die Tumorzelle von innen heraus. Kennt man die Oberflächenstruktur des Tumors, kann man somit direkt mit exakt darauf passenden Mitteln gegensteuern.

Prostatakrebs: Erfolge bei fortgeschrittenen Stadien

Unter Männern wiederum ist Prostatakrebs die häufigste Krebserkrankung in Deutschland. Rund 75.000 Neuerkrankungen kommen jedes Jahr hinzu. Im frühen Stadium ist Prostatakrebs in der Regel noch gut heilbar, doch bei einem Drittel der Betroffenen kommt die Diagnose zu spät: Der Krebs wird erst erkannt, wenn der Tumor nicht mehr nur auf die Prostata begrenzt ist, sondern bereits gestreut hat. Dann geht es meist nur noch darum, die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten und das Tumorwachstum so lange wie möglich auszubremsen. Neue Behandlungsansätze bieten aber auch hier erstaunliche Möglichkeiten.

Ein Ansatzpunkt besteht zum Beispiel darin, männliche Geschlechtshormone, sogenannte Androgene, zu unterdrücken. Diese würden sonst das Tumorwachstum weiter anregen. „Die Kombination aus Androgensignalunterdrückung und neueren antihormonellen Substanzen ist eine der vielversprechendsten Innovationen bei metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinomen“, erläutert Axel Merseburger von der DKG. Sie kann das Tumorwachstum verzögern, die Lebensqualität von Betroffenen steigern und ein deutlich längeres Leben ermöglichen als ohne Behandlung.

Ein weiterer Durchbruch ist die PSMA-Therapie (Prostata-spezifisches Membranantigen) in Kombination mit sogenannten Radioliganden. Bei dieser Therapie bindet ein radioaktives Medikament an den Prostatatumor und „bestrahlt“ dann die Tumorzellen gezielt von innen. Der Effekt auf Lebensdauer und -qualität der Patienten ist ähnlich wie bei der Hormonunterdrückung. „Beide Therapieansätze sind mittlerweile im Therapiestandard angekommen“, erklärt Merseburger.

Darmkrebs: Schließmuskel lässt sich immer öfter erhalten

Sowohl bei Frauen als auch bei Männern ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebsart. Jedes Jahr wird sie hierzulande bei etwa 54.600 Menschen diagnostiziert. Für viele von ihnen ist die wichtigste Behandlung derzeit eine vollständige operative Entfernung des Tumors. Die Ärzte entfernen dabei Teile des Darms, bei sogenanntem Enddarmkrebs häufig auch den Schließmuskel. Betroffene sind danach auf einen künstlichen Darmausgang angewiesen und büßen einiges an Lebensqualität ein. Doch dank neuer Strahlenchemotherapie-Konzepte kann der Schließmuskel mittlerweile in zahlreichen Fällen erhalten bleiben. Betroffene sollten sich dafür am besten in einem zertifizierten Darmzentrum beraten und behandeln lassen.

Noch in der Studienphase ist aktuell außerdem eine neue Immuntherapie. „Im vergangenen Jahr hat eine Studie gezeigt, dass eine kurze Doppelimmuntherapie bei bestimmten Formen des Darmkrebses – den sogenannten Mikrosatelliten-instabilen Tumoren – nach nur vier Wochen Therapie vor einer Operation zu einem rückfallfreien Überleben von 100 Prozent innerhalb der ersten drei Jahre führt“, erklärt Anke Reinacher-Schick von der DKG. „Solche Ergebnisse haben wir in der Darmkrebsbehandlung bisher noch nie gesehen.“ Wie der Name bereits verrät, kommen bei einer Doppelimmuntherapie zwei unterschiedliche Immun-Therapeutika zum Einsatz. Sie sollen das Immunsystem jeweils so weit stärken, dass es auch aus eigener Kraft Krebszellen zerstören kann.

Hautkrebs: Zwei neue Ansätze vor der Zulassung

Auch bei schwarzem Hautkrebs, an dem in Deutschland jedes Jahr 25.500 Menschen neu erkranken, werden aktuell neue Behandlungen in Studien getestet. „Große Hoffnungen haben wir bei der individualisierten mRNA-Impfung gegen Melanome, die sich spezifisch gegen Tumormerkmale des jeweiligen Krebsbetroffenen richten“, erklärt Ralf Gutzmer von der DKG. Ähnlich wie bei der mRNA-Impfung gegen Corona verrät ein solcher Impfstoff der Immunabwehr die spezifischen Erkennungszeichen der Tumore. Diese werden dann vom Immunsystem angegriffen und zerstört. Bis die Methode bei Hautkrebs offiziell zugelassen ist, dauert es allerdings noch ein paar Jahre.

Schon in diesem Jahr soll allerdings ein anderer innovativer Ansatz gegen schwarzen Hautkrebs zugelassen werden: tumorinfiltrierende Lymphozyten (TIL). Diese „aufgerüsteten“ weißen Blutkörperchen wirken insbesondere bei Tumoren, die gegen bisherige Therapien resistent waren. Es gibt allerdings einen Haken: Die Herstellungs- und Therapiekosten für TIL sind hoch, was einem flächendeckenden Einsatz im Weg stehen könnte.

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