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Woran erkennt man Narzissten?

Die meisten von uns halten sich für klüger, schöner und besser als ihre Mitmenschen. In gewissem Maße ist diese Selbstüberschätzung völlig normal und sogar förderlich für unser Wohlbefinden. Aber wo hört gesundes Selbstbewusstsein auf und wo beginnt Narzissmus? Was meint dieser landläufige Begriff eigentlich genau? Wie erkennt man Narzissten und wie geht man mit ihnen am besten um?
CKR, 12.09.2024
Selbstverliebter junger Mann vor dem Spiegel
Narzissmus ist mit negativ konnotierten Eigenschaften behaftet: Egoismus, Selbstverliebtheit, Arroganz und natürlich Eitelkeit.

© LUNAMARINA, GettyImages

Als Narzissten bezeichnen wir besonders oft unsere Konkurrenten oder uns unliebsame Menschen. Ein Lob ist das nicht. Denn Narzissmus steht umgangssprachlich für Egoismus, Ich-Bezogenheit, übertriebene Selbstbewunderung, Arroganz und Eitelkeit. Unter „Narzissten“ verstehen wir entsprechend Menschen, die diese negativen Charakterzüge offensichtlich aufweisen und sich für wichtiger halten, als sie sind. Gemeint sind mit dem Begriff aber oft auch Menschen, die sich rücksichtslos verhalten und kein Verständnis für andere zeigen.

Fachleute wie Psychologen, Psychiater und Psychotherapeuten sprechen allerdings erst dann von „Narzissmus“ beziehungsweise einer „narzisstischen Persönlichkeitsstörung“, wenn diese Symptome sehr ausgeprägt sind, dauerhaft auftreten und den Betroffen oder sein Umfeld stark belasten.

Warum verhalten sich Narzissten so überheblich?

Echte Narzissten sind zudem im Kern äußerst sensible, verletzliche und ängstliche Menschen. Ihrem egoistischen und angeberischen Verhalten liegt keine böse Absicht, sondern ein mangelndes Selbstwertgefühl, Versagensängste und eine hohe Kritikempfindlichkeit zugrunde. Narzissten sind auf die Bestätigung und Bewunderung ihrer Mitmenschen angewiesen, um ihr geringes Selbstwertgefühl aufzupolieren und sich selbst für liebenswert halten zu können.

Hinzu kommt, dass Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung keine oder kaum Empathie empfinden und sich daher schlecht in andere Personen einfühlen können. Weil es ihnen schwerfällt, die Bedürfnisse anderer zu erkennen, verhalten sich oft unbewusst ignorant und rücksichtslos.

Echo und Narziss, John William Waterhouse (1903)
Narzissmus ist kein neues Phänomen: Der Narziss der griechischen Mythologie war ein schöner Jüngling, der wegen seiner Unnahbarkeit dazu verdammt wurde, sich in eine ebenso unerreichbare Person zu verlieben – und seinem eigenen Spiegelbild verfiel.

© Alfred Waterhouse

Was macht einen Narzissten aus?

Narzissmus äußert sich je nach Temperament einer Person sehr unterschiedlich und ist nicht so leicht zu fassen, wie man zunächst meint. Dennoch gibt es einige typische Erkennungsmerkmale von Narzissten. Zum Beispiel vergleichen sich diese ständig mit anderen und präsentieren sich dabei als großartig und überlegen. Sie prahlen etwa mit ihrer beruflichen Leistung, ihren Talenten, ihrem sozialen Status oder ihren exklusiven Hobbys. „Oft überschätzen sie dabei ihre eigenen Fähigkeiten oder stellen sie besser dar, als sie es in Wirklichkeit sind“, schreibt der Verband Pro Psychotherapie e.V..

Narzissten tendieren zudem zu offenem oder verstecktem destruktivem Verhalten: Sie lügen und beuten andere aus oder zerstören deren Leistung, um selbst besser dazustehen. Kriegen sie ihren Willen oder die erwünschte Bewunderung nicht, können manche auch dramatisch und launisch bis cholerisch und aggressiv reagieren. Andere Narzissten ziehen sich hingegen bei Verletzungen eher zurück, sind beleidigt und leiden im Stillen.

Bist du ein Narzisst?

Ob jemand ein Narzisst ist, lässt sich mit verschiedenen Persönlichkeitstests herausfinden. Einer der gängigsten ist der Narcissistic Personality Inventory (NPI) und dessen Kurzform NPI-10. Die Fragebögen analysieren Einstellung und Verhalten einer Person. Es müssen jedoch nicht alle gelisteten Kriterien erfüllt sein, um von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zu sprechen. Das macht es wiederum selbst für Experten schwer, Narzissten eindeutig zu erkennen und von anderen Persönlichkeitsstörungen wie Borderline zu unterscheiden.

Wie viele „echte“ Narzissten es gibt, ist daher nur schwer zu sagen. „Vermutlich ist weniger als ein Prozent der Bevölkerung von der Störung betroffen“, schreibt der Verband Pro Psychotherapie e.V..

Wo trifft man häufig auf Narzissten?

Narzisstische Menschen sitzen auffällig häufig in Chefetagen und auf Führungspositionen – sei es in der Wirtschaft oder Politik. Auch wenn Ferndiagnosen schwierig sind, nennen Experten gelegentlich Donald Trump als prominentes Beispiel. Destruktive narzisstische Züge werden auch Recep Erdogan und Wladimir Putin nachgesagt. In der Gesellschaft oder einer Firma kann das Verhalten von narzisstischen Vorgesetzen zu Konflikten führen. Weil sie nicht aus ihren Fehlern lernen und der Meinung anderer nicht vertrauen, treffen sie beispielsweise schlechte Entscheidungen, geben keine Kontrolle ab oder behindern Kooperationen.

Doch warum sitzen Narzissten so oft an der Macht? Zum einen können sie wegen ihres vermeintlichen Selbstbewusstseins und dominanten Auftretens durchaus charismatisch und attraktiv wirken. Sie begeistern, faszinieren und überzeugen ihre Mitmenschen. Im Alltag sind Narzissten zudem oft gut angepasst, ehrgeizig und engagiert. Sie sind aber auch gut darin, den Erfolg anderer für sich zu beanspruchen, bei Misserfolg die Schuld auf andere zu schieben und ihr Umfeld zu ihrem Vorteil zu manipulieren. All das begünstigt einen Karriereaufstieg und politischen Erfolg.

Wie geht man mit Narzissten um?

Narzissten können mitreißend sein und zumindest anfangs für Antrieb sorgen, oft aber ist das Zusammenleben mit ihnen eher schwierig. Wie also geht man am besten mit einem solchen Menschen um? Für das Umfeld von Narzissten ist es insgesamt am vielversprechendsten, von ihnen wenig zu erwarten. Stattdessen hilft es, ihnen viel Verständnis entgegenzubringen und sich bewusst zu machen, dass ihr egozentrisches Verhalten keine böse Absicht ist. Zugleich sollte man Kritik vorsichtig formulieren, Narzissten aber auch klare Grenzen setzen und sich nicht manipulieren lassen.

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