wissen.de Artikel
Hurrikan Harvey
Hurrikan Harvey hat im US-Bundesstaat Texas schwere Verwüstungen angerichtet und Überschwemmungen verursacht. In einigen Städten ist die Infrastruktur in Folge des Wirbelsturms nahezu komplett zusammengebrochen. In der texanischen Millionenstadt Houston mussten tausende Menschen von Dächern oder aus Häusern gerettet werden, 80.000 Menschen waren zeitweise ohne Strom, Flughäfen und Schulen wurden geschlossen.
Es war eine Katastrophe mit Ankündigung. Vergangene Woche hatten die US-Wetterbehörden bereits gewarnt: Hurrikan Harvey, der sich aus einer sogenannten tropischen Welle heraus im Osten der Kleinen Antillen in der Karibik entwickelt hatte, könnte verheerende Sturmfluten und sintflutartige Regenfälle mit sich bringen. Und so kam es dann auch: Als Harvey am späten Freitagabend in der Stadt Rockport am Golf von Mexiko auf das Festland prallte, tat er das als stärkster Hurrikan in den USA seit zwölf Jahren.
In Drehung versetzt
Dass Hurrikan Harvey seinen Ursprung im tropischen Atlantik hatte, ist kein Zufall. Denn Wirbelstürme wie er bilden sich dort, wo die Oberflächentemperatur des Meeres die Schwelle von etwa 27 Grad Celsius überschreitet. Nur dann verdunstet genügend Wasser, um über dem Ozean große Mengen feuchtwarmer Luft wie in einem Schornstein nach oben steigen zu lassen. Dieser beim Verdunstungsprozess entstehende Wasserdampf gilt als Hauptenergiequelle und Motor der Wirbelbildung.
Die feuchtwarmen Luftmassen steigen bis in Höhen von 20 Kilometern auf und bilden dabei gewaltige Wolkentürme. Gleichzeitig sinkt über dem Meer der Luftdruck immer weiter ab. Dadurch werden weitere Luftmassen aus der Umgebung ins Innere des Sturmtiefs gesaugt. Die ablenkende Kraft der Erdrotation, die sogenannte Corioliskraft, bewirkt nun, dass das System zu rotieren beginnt. Fehlt diese Kraft, werden die Wolkenmassen nicht in Drehung versetzt. Das ist der Grund, warum in unmittelbarer Äquatornähe keine Wirbelstürme entstehen.
Fataler Kreislauf
Hat sich der Sturm erst einmal in Gang gesetzt, ist er oft kaum mehr zu stoppen. Denn er kann sich mehr oder weniger selbst mit neuer Energie versorgen: Während die Unwetterwolken wachsen, wird erneut Wärme und somit Energie frei, die den Prozess weiter antreibt. Die Luftpakete steigen noch weiter nach oben, abgekühlte Luft strömt zur Seite weg und sinkt nach unten, nur um sich erneut zu erwärmen und nach oben zu steigen.
Auf diese Weise verstärkt sich der Sturm immer wieder selbst, solange die nachströmende Luft warm und feucht ist. Er kann sich bei diesem Prozess leicht bis auf einige hundert Kilometer weit ausdehnen und wird zu einem riesigen Wirbel, der sich um ein kreisförmiges Tiefdruckzentrum herumbewegt: das nahezu windstille Auge des Hurrikans.
Klassifizierung in fünf Stufen
Aus der dunklen Wolkenwand eines Hurrikans ergießen sich sintflutartige Regenfälle. In wenigen Stunden fallen dabei mitunter 500 bis 1.000 Millimeter Niederschlag. Auf seinem Weg kann der Wirbelsturm bis zu 3,6 Millionen Tonnen Luft bewegen und Windgeschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometern pro Stunde erreichen - Harvey traf die amerikanische Küste mit bis zu 233 Stundenkilometern. Damit wurde er zunächst der zweithöchsten Wirbelsturm-Kategorie vier zugeordnet, bevor er sich am Samstagnachmittag zu einem tropischen Sturm abschwächte.
Von Hurrikans sprechen Meteorologen erst bei Windgeschwindigkeiten von über 118 Kilometern pro Stunde. Je nach Stärke werden sie einer von fünf Stufen zugeordnet. Ein Wirbelsturm der niedrigsten Kategorie hat Windgeschwindigkeiten von 118 bis 153 km/h. Das reicht etwa aus, um Schäden an nicht verankerten Wohnwagen anzurichten. Ein Hurrikan der Kategorie drei entwickelt bereits Geschwindigkeiten von 178 bis 209 km/h. Er hat genügend Kraft, um große Bäume umzureißen, Gebäude zu beschädigen und Küstengebiete Kilometer weit landeinwärts unter Wasser zu setzen.