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Neue Methoden gegen Haarausfall

Haarwachstumsmittel neuester Generation
Professor Dr. med. Axel Kramer leitet seit 1990 das Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Seit über 30 Jahren erforscht er das körpereigene Molekül Thiocyanat, das in Fachkreisen als Basis des von ihm entwickelten Wirkkomplexes gilt.

30 Jahre später, verfeinert mit hochmodernen Wirkstoffen, ist die ursprüngliche Tinktur nach einer hinreichenden Studien- und Erprobungsphase im Herbst 2016 in Serienproduktion gegangen. Hersteller ist ein mittelständisches, deutsches Unternehmen der Kosmetik und Körperpflege-Branche.
Hormonelle Behandlung
Die häufigste Ursache für Haarausfall ist genetisch bedingt. Hierbei konzentrierte sich die Forschung bislang auf zwei hormonell wirkende Arzneistoffe. Wie sich herausstellte, können „Minoxidil“ und „Finasterid“ zwar kein verlorenes Haar zurückbringen, den Prozess schleichenden Haarverlusts aber verlangsamen.
Dabei weisen beide Substanzen auch einige Nachteile auf. Das rezeptpflichtige Finasterid kann nur „das Absterben Dihydrotestosteron-sensitiver Haarfollikel verhindern“ (deutsche-apotheker-zeitung.de), die noch im Frühstadium ausreichend aktiv sind. Dabei dauert die Wirkung des Präparates auch nur so lange an, wie es tatsächlich angewendet wird.
Ein weiteres Manko besteht darin, dass die Substanz bei Schwangeren zu Fehlbildungen der äußeren Geschlechtsorgane männlicher Föten führt und bei Frauen vor der Menopause streng indiziert sind. Selbst Männer dürfen zur Vermeidung von Fehlbildungen während der Einnahme kein Blut spenden.
Bei dem rezeptfreien Minoxidil ist sich die Forschung hinsichtlich der exakten Wirkungsweise nicht im Klaren. Fakt ist, dass das als Schaum, zwei- oder fünfprozentige Lösung erhältliche Antihypertonikum äußerlich angewendet in den Fällen wirkt, in denen der Haarfollikel bereits geschwächt ist.
Aber auch Minoxidil ist in Verruf geraten. So stehen die in ihr enthaltenen Substanzen im Verdacht, für Überempfindlichkeits- und allergische Reaktionen verantwortlich zu sein.
Und für beide Wirkstoffe gilt: Was verloren ist, ist verloren. Die Substanzen können lediglich den Prozess des Haarverlustes verlangsamen, aber kein fehlendes Haar zurückbringen.
Auch ohne Arzneistoffe
Um dennoch dem Ausdünnen der Haarpracht ohne dauerhafte Medikamenteneinnahme Herr zu werden, ist eine Haartransplantation für den Fall unumgänglich, dass der Haarausfall keine sonstigen Ursachen hat. Krankheiten, Mangelernährung, hormonelle Schwankungen während den Wechseljahren oder auch Stress können weitere Faktoren für unerklärlichen, über das Normalmaß hinausgehenden Haarverlust sein. Es empfiehlt sich daher grundsätzlich, vor einer teuren Haartransplantation erst einen Dermatologen aufzusuchen, um Ursachenforschung zu betreiben und eine Diagnose zu erstellen.

Die auch als FUT-Methodik bezeichnete Transplantationsmethode birgt jedoch auch einen entscheidenden Nachteil: Bei der Methode sind Probleme für den Patienten unausweichlich, „da eine Narbe hinterlassen wird, die auch noch Jahre später schmerzen und Komplikationen nach sich ziehen kann und zudem unschön aussieht“.
Die aktuell modernste Art der Haarverpflanzung ist die sogenannte „I-FUE-Methode“ („Intermittent Follicle Unit Extraction“), welche die optimierte Form der Haartransplantation nach der FUE Methode ist. Sie ist dabei auch das schonendste Verfahren, da der Transplantationsvorgang schnitt- und narbenfrei verläuft.
Wie der Autor Reza P. Azar im Exposé zu seinem Fachbuch „Minimalinvasive Haartransplantation“ über die FUE-Methode ausführt, werden „die Spenderhaare hierbei einzeln, in Follikulären Einheiten entnommen und auch einzeln, an anderer Position transplantiert“.
Der Begriff „intermittent“ deutet dabei auf den Umstand hin, dass die Transplantate mehrfach für einen kurzen Zeitraum jeweils entnommen, zwischengelagert und wiedereingesetzt werden. Das garantiert kurze Lagerungszeiten der Transplantate außerhalb des Körpers und resultiert in einem schnelleren Einheilen und höherer Anwuchs-Rate der Transplantate.
Anschließend werden die entnommenen Haarfollikel „in zuvor erzeugte Empfangslöcher an gewünschter Position eingesetzt, wo sie lebenslang weiterwachsen“, wie Reza Azar, der ärztliche Leiter des Zentrum für moderne Haartransplantation und einer der Pioniere der FUE-Haartransplantation die Methode zusammenfasst.
Abhängig von der Zahl der eingesetzten Haarfollikel können sich die Kosten für eine derartige Behandlung zwischen 2.500 und 10.000 Euro bewegen.
Hält das neue Wundermittel, was es verspricht?
Vor dem Hintergrund ist nachzuvollziehen, mit wieviel Begeisterung und Erwartung die Entdeckung des natürlichen, körpereigenen Bausteins Thiocyanats als neuer Hoffnungsträger von den Betroffenen aufgenommen worden war.
Das Salz, das beispielsweise „auch im Speichel enthalten“ (ndr.de) ist, zeigte bereits in der Erprobungsphase deutliche Effekte: So war der Umfang einer kahlen Stelle eines Probanden innerhalb von zwölf Wochen deutlich geschrumpft, auch waren die Haare dunkler nachgewachsen als vorher.

Außerdem ergaben Studien: Thiocynat vermag auch bei lokaler Anwendung gereizte Haut wie etwa bei Neurodermitis zu beruhigen und fördert darüber hinaus die Wundheilung.
Die Rückmeldungen von Teilnehmern der Anfangsstudien waren jedenfalls mehrheitlich erfolgversprechender Natur.
Danach
- bewerteten 90 Prozent die Verträglichkeit mit „gut“ oder „sehr gut“
- stellten 75 Prozent eine bessere Haarstruktur fest
- verzeichneten 54 Prozent einen Rückgang ihres Haarausfalls
- konnten 35 Prozent sogar ein Haarwachstum feststellen.
Enzym-Hemmer gegen Haarausfall
Jüngste Enzymforschungen von Prof. Angela Christiano von der Columbia-Universität New York haben zur Entdeckung eines Schlüssel-Enzyms geführt, das sich in der Zukunft gleichsam als erfolgversprechend erweisen könnte. Sie spielen im Kampf gegen die sogenannten „Januskinasen“ (JAK) eine große Rolle. Jene hemmen das Haarwachstum und versetzen die Follikel auch am Ende des Lebenszyklus im Haarwachstum in eine Ruhephase.
In Laborversuchen an Mäusen konnte die Forscherin mit Hilfe der Schlüssel-Enzyme Tofacitinib und Ruxolitinib nachweisen, dass ihr Einsatz die Bildung des JAK-Enzyms hemmen konnte. Dadurch bildeten die Follikel wieder neue Haare, die zudem „noch dicker und dunkler als je zuvor waren.“ (scinexx.de). Eine Übertragung der Versuchsanordnung auf menschliches Haar mit ersten Resultaten steht aktuell noch aus.