Kunstschnee-Olympiade mit Besucheransturm
Die ersten Olympischen Winterspiele auf Kunstschnee fanden im amerikanischen Lake Placid statt. Erst allmählich bekamen die Veranstalter die Unbilden des Wetters und den Zuschauerandrang in den Griff.
Lake Placid präsentierte sich nach 1932 zum zweiten Mal als Austragungsort der Spiele: Für eine Neuauflage hatte sich u.a. der einheimische Eischnelllauf-Olympiasieger von 1932, John Shea, eingesetzt. Wie vor 48 Jahren mussten die Organisatoren in der 3000-Einwohner-Gemeinde in den Adirondack Mountains im Staat New York mit Schneemangel und dem immensen Zuschauerandrang kämpfen. Zehntausende warteten mitunter stundenlang geduldig auf die Zubringerbusse. Viele Journalisten monierten den einstündigen Marsch zum Pressezentrum.
Die Sportstätten fanden ungeteilte Zustimmung: Zwar lagen die Anlagen weit auseinander, befanden sich aber in einem hervorragenden Zustand. Das olympische Dorf war den Athleten allerdings viel zu eng. Nach den Spielen wurde es zum Jugendgefängnis umfunktioniert.
Das Problem des Schneemangels lösten die Veranstalter mittels moderner Technik. Die etwa fünf Mio. Dollar teure künstliche Schneebereitung verlangte den Sportlern vor allem an den seltenen Neuschneetagen alles ab. Künstlicher und echter Schnee vermischten sich zu einem nur äußerst schwer auszurechnenden Pistenbelag.
Trotz der weltpolitischen Probleme honorierten die Zuschauer die sportlichen Leistungen weitgehend objektiv: War der Empfang für die sowjetische Delegation bei der Eröffnungsfeier eher verhalten, so löste der Auftritt von Paarläuferin Irina Rodnina (mit Alexander Saizew) Ovationen aus. Ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes beendete die erfolgreichste Eiskunstläuferin aller Zeiten (u.a. zehn Weltmeistertitel) ihre Karriere mit dem dritten Olympiasieg in Folge.
Der Prestigekampf zwischen den Supermächten USA und UdSSR trat beim Eishockey offen zutage. Voller Emotionen feierten die Amerikaner den 4:3-Finalsieg ihres Teams über den großen Favoriten Sowjetunion. Über diesen Erfolg vergaßen die Medien sogar den eigentlichen Star der Spiele, den US-Eisschnellläufer Eric Heiden. Wegen seines verschlossenen Wesens genoss er in seiner Heimat wenig Popularität, woran auch seine fünf Goldmedaillen kaum etwas änderten. Für Aufsehen sorgten die Erfolge der niederländischen Eisschnellläuferin Annie Borckink und ihrer norwegischen Kollegin Bjørg Eva Jensen, die über 1500 m bzw. 3000 m die Dominanz der sowjetischen und ostdeutschen Athletinnen durchbrachen.
Obwohl zwölf Tage lang der Sport im Mittelpunkt stand, spielte auch die Politik eine wichtige Rolle. US-Präsident Carter drohte seit Januar wegen des Ende 1979 erfolgten sowjetischen Einmarsches in Afghanistan mit einem Boykott der Sommerspiele 1980 in Moskau.