Lexikon
Ungarn
Vom Ostblock- zum EU-Staat (seit 1989)
Ende der 1980er Jahre verlief die Entwicklung vor dem Hintergrund der Liberalisierung in der Sowjetunion stürmisch: 1989 wurde die kommunistische Einheitspartei aufgelöst und die Ungarische Republik proklamiert. Aus der aufgelösten Staatspartei bildete sich u. a. die Ungarische Sozialistische Partei. Der im gleichen Jahr begonnene Abbau der Grenzanlagen zu Österreich sowie die Ausreiseerlaubnis für in Ungarn befindliche DDR-Flüchtlinge beschleunigten den Umwandlungsprozess in der DDR sowie den Zerfallsprozess der kommunistischen Herrschaftsstrukturen in den übrigen ostmitteleuropäischen Ländern. 1990 fanden die ersten freien Wahlen in Ungarn seit 1947 statt. Der Aufbau einer bürgerlichen Zivilgesellschaft begann. 1991 zogen die sowjetischen Truppen ab. Wirtschafts- und sicherheitspolitisch orientierte sich das Land am Westen. 1994 stellte Ungarn einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft. 1999 wurde es Mitglied der NATO. Nach den Wahlen 2002 bildete sich eine sozialliberale Koalition. 2004 konnte der Beitritt zur Europäischen Union vollzogen werden. Im selben Jahr wurde Ferenc Gyurcsány (Ungarische Sozialistische Partei) Ministerpräsident, Staatspräsident wurde 2005 László Sólyom, der Kandidat der bürgerlichen Opposition.
Unter Führung von Gyurcsány konnte die sozialliberale Koalition die Parlamentswahlen 2006 gewinnen und die Regierungsarbeit fortsetzen. Das Bekanntwerden einer parteiinternen Rede Gyurcsánys im September 2006, in der er Wahlkampflügen hinsichtlich der Staatsfinanzen zugab, führte zu gewalttätigen Massenprotesten und zu erheblichen Spannungen mit der Opposition. 2008 verließ die liberale SzDSz die Koalition. Gyurcsány bildete daraufhin ein Minderheitskabinett. Angesichts einer eskalierenden Finanz- und Wirtschaftskrise kündigte er 2009 seinen Rücktritt als Regierungschef an. In der Folge wählte das Parlament mittels eines konstruktiven Misstrauensvotums den bisherigen Wirtschaftsminister Gordon Bajnai zum neuen Ministerpräsidenten. Die Neuwahlen 2010 führten zu einem scharfen Rechtsruck. Der nationalkonservative Bund Junger Demokraten wurde unter Führung des früheren Ministerpräsidenten Viktor Orbán zur stärksten politischen Kraft. Der rechtsradikalen Bewegung für ein besseres Ungarn gelang erstmals der Einzug ins Parlament, das am 29. 6. 2010 Pal Schmitt (Bund Junger Demokraten) zum neuen Staatsoberhaupt wählte. Am 1. 1. 2011 trat ein neues Mediengesetz in Kraft, das über eine zentrale Aufsichtsbehörde und einen Medienrat eine stärkere staatliche Kontrolle der Medien ermöglichte, was von in- und ausländischen Kritikern als Einschränkung der Pressefreiheiten gewertet wurde. Nach Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission erklärte sich die Regierung Orbán zu Änderungen an dem Gesetz bereit, die im März 2011 vom Parlament verabschiedet wurden. Kontroverse innenpolitische Debatten löste auch der von der Regierung lancierte Entwurf für eine neue Verfassung mit national-religiöser Grundierung aus, der am 18. 4. 2011 vom Parlament mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit verabschiedet wurde. Am 2. 1. 2012 demonstrierten zehntausende Menschen in Budapest gegen die am Neujahrstag in Kraft getretene Verfassung und gegen die Politik der Regierung Orbán. Die Europäischen Kommision leitete im Januar 2012 mit Bezug auf die Bereiche Unabhängigkeit der Zentralbank, Unabhängigkeit der Justiz und Unabhängigkeit der Datenschutzbehörde Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein. Am 2. 4. 2012 erklärte Staatspräsident Pal Schmitt nach Aberkennung des Doktortitels wegen Plagiats seinen Rücktritt vom Präsidentenamt.
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