Lexikon

Österreich

Zweite Republik

Das Land wurde nach der Niederlage 1945 von den Alliierten besetzt. Die Regierungsgewalt lag zunächst bei den Besatzungsmächten. Am 27. 4. 1945 wurde die Republik Österreich proklamiert. Die Verfassung von 1920 wurde wiederhergestellt. Mit dem Staatsvertrag vom 15. 5. 1955 erhielt Österreich Souveränität sowie wirtschaftliche Unabhängigkeit und verpflichtete sich zur Neutralität. 1955 trat das Land den UN, 1956 dem Europarat und 1960 der EFTA bei. Die österreichische Innenpolitik nach 1945 war bestimmt durch den wirtschaftlichen Wiederaufbau. Die österreichische Regierung wurde von 1945 bis zum Ausscheiden der Kommunisten 1947 von ÖVP, SPÖ und KPÖ getragen, 19471966 von einer Großen Koalition aus ÖVP und SPÖ. Ein vereinbarter Proporz sorgte dafür, dass jeweils Vertreter beider Parteien wichtige staatliche Funktionen einvernehmlich ausübten.
Österreich: Neutral und souverän
Österreich: Neutral und souverän
Auf der Berliner Viererkonferenz (25.1.-18. 2. 1954) erklärte der österreichische Außenminister Leopold Figl zum Problem der Neutralität u.a.:

Ich habe eindeutig gesagt, dass Österreich alles tun wird, um sich von fremden militärischen Einflüssen freizuhalten, das bedeutet, dass wir auch fremden Mächten keine militärischen Basen zugestehen werden. Wir halten es mit dieser Auffassung für unvereinbar, uns durch den Abschluss des Staatsvertrags zu verpflichten, fremden Mächten Stützpunkte auf österreichischem Gebiet einzuräumen (durch Fortdauer der Besatzung). Herr Molotow schlägt die Belassung von militärischen Kontingenten der vier Mächte in Österreich zur Sicherung gegen einen etwaigen Anschluss vor, der ihm, insbesondere solange die deutsche Frage noch keine einvernehmliche Lösung gefunden hat, eine wirkliche Gefahr zu sein scheint. Ich bitte den Herrn Außenminister der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, überzeugt zu sein, dass wir an der zuverlässigen Verhinderung eines nochmaligen Anschlusses nicht weniger ernstlich interessiert sind als die Sowjetregierung oder irgendeine andere Regierung. Denn allzu eindrucksvoll stehen noch vor uns allen die katastrophalen Folgen, die der Anschluss des Jahres 1938 für Österreich hatte.

Aus dem Staatsvertrag vom 15. Mai 1955:
Artikel 2 Die Alliierten und Assoziierten Mächte erklären, dass sie die Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit Österreichs ... achten werden.
Artikel 3 ... werden in den deutschen Friedensvertrag Bestimmungen aufnehmen, welche die Anerkennung der Souveränität und Unabhängigkeit Österreichs durch Deutschland und den Verzicht Deutschlands auf alle territorialen und politischen Ansprüche in Bezug auf Österreich und österreichisches Staatsgebiet sichern.
Artikel 4 1. ... erklären, dass eine politische oder wirtschaftliche Vereinigung zwischen Österreich und Deutschland verboten ist. Österreich anerkennt voll und ganz seine Verantwortlichkeit auf diesem Gebiete und wird keine wie immer geartete politische oder wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland eingehen. 2. Um einer solchen vorzubeugen, wird Österreich keinerlei Vereinbarung mit Deutschland treffen oder irgendeine Handlung setzen oder irgendwelche Maßnahmen treffen, die geeignet wären, unmittelbar oder mittelbar eine politische oder wirtschaftliche Vereinigung mit Deutschland zu fördern...
Nach vierjähriger ÖVP-Alleinregierung wurde 1970 erstmals die SPÖ stärkste Kraft und regierte mit Bruno Kreisky und Fred Sinowatz bis 1987, teilweise unter Beteiligung der FPÖ. 19871999 wurde Österreich wieder von einer Großen Koalition mit den SPÖ-Bundeskanzlern Franz Vranitzky (bis 1997) und Viktor Klima regiert. 1994 stimmte eine Mehrheit der Bevölkerung für den Beitritt Österreichs zur EU, der 1995 wirksam wurde. Bei den Nationalratswahlen 1999 erlitt die SPÖ starke Verluste und die FPÖ wurde zweitstärkste politischen Kraft. ÖVP und FPÖ bildeten eine Koalition unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP). Die Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen FPÖ unter Führung von Jörg Haider beschädigte das internationale Ansehen des Landes. So froren die übrigen EU-Mitglieder zeitweise die bilateralen Beziehungen mit Österreich ein. Nach vorgezogenen Neuwahlen 2003 konnte die Koalition fortgesetzt werden. 2004 wurde Heinz Fischer (SPÖ) Bundespräsident. Auf Grund interner Konflikte spaltete sich 2005 die FPÖ. Die bisherigen FPÖ-Regierungsmitglieder und Jörg Haider gründeten die neue Partei BZÖ. Bundeskanzler Schüssel entschloss sich zu einer Fortsetzung der Regierungsarbeit mit den BZÖ-Ministern. Bei den Nationalratswahlen 2006 wurde die SPÖ stärkste Partei. Sie bildete mit der ÖVP 2007 eine Regierung der Großen Koalition unter Führung von Alfred Gusenbauer (SPÖ).
Nach internen Auseinandersetzungen in der SPÖ über die Führungsfähigkeit Gusenbauers sowie Streitigkeiten innerhalb der Koalition über eine Gesundheitsreform und den Kurs in der Europapolitik kündigte die ÖVP im Juli 2008 den Austritt aus der Regierung an. Daraufhin einigten sich SPÖ und ÖVP auf die Abhaltung vorgezogener Neuwahlen am 28. 9. 2008. Aus den Wahlen ging die SPÖ wieder als stärkste Kraft hervor. SPÖ und ÖVP mussten jedoch starke Verluste hinnehmen, während FPÖ und BZÖ deutliche Zugewinne verzeichnen konnten. Da für SPÖ und ÖVP ein Zusammengehen mit den rechten Parteien FPÖ und BZÖ nicht in Frage kam, verständigten sich die beiden Volksparteien auf eine Neuauflage der Großen Koalition unter Führung von Werner Faymann (SPÖ).
  1. Einleitung
  2. Natur und Klima
    1. Ostalpen
    2. Alpen- und Karpatenvorland
    3. Flüsse und Seen
    4. Naturschutz
    5. Vom Alpen- bis zum Steppenklima
  3. Bevölkerung
  4. Bildung
  5. Staat und Politik
  6. Wirtschaft und Verkehr
    1. Wiesen, Wein und Wälder
    2. Salz, Stahl, Wasserkraft
    3. Beliebtes Reiseziel
    4. Transitland
  7. Geschichte
    1. Baiern und Babenberger
    2. Der Aufstieg Habsburgs
    3. Europäische Großmacht
    4. Die k. u. k.-Monarchie
    5. Erste Republik
    6. Zweite Republik
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