Lexikon
jüdische Literatur
von Autoren jüdischer Herkunft verfasste literarische Werke, die auf Quellen und Elemente jüdischen Denkens und Lebens zurückgreifen.
Die altjüdische Literatur ist im Wesentlichen durch die Bücher des Alten Testaments vertreten. In der Folgezeit entstanden Traktate und Lehrtexte, so die beiden großen religionsgesetzlichen Kompendien, der Talmud (Palästina 4./5. Jahrhundert und Babylon 6./7. Jahrhundert) und die Mischna (200 n. Chr.).
Ab dem 10. Jahrhundert wurde das maurische Spanien zu einem Zentrum jüdischer Literatur. Gelehrte wie M. Maimonides übersetzten antike und arabische Schriften und beeinflussten damit die gesamte europäische Literatur- und Geistesgeschichte. Autoren wie Salomon Ben Jehuda Ibn Gabriol und Jehuda Ben Samuel ha Levi verschmolzen kunstvoll jüdisch-religiöse und arabische Dichtformen. Im 12.–14. Jahrhundert entstand unter dem Einfluss volksreligiöser Strömungen die Kabbala, deren mystische Inhalte bis ins 18. Jahrhundert hinein Wirkung auf messianische und esoterische Bewegungen ausübte.
Die erkenntnistheoretischen Lehren des niederländischen Philosophen B. Spinoza (1632–1677) stehen exemplarisch für ein neuzeitliches, rationalistisches Denken außerhalb der traditionellen, von der Synygoge bestimmten Schriftgelehrsamkeit. Mit der allmählichen bürgerlichen Emanzipation der Juden im 18. Jahrhundert entwickelte sich zunehmend eine jüdische Literatur, die in den europäischen Geistesströmungen integriert war und diese stark vorantrieb. So findet sich z. B. in M. Mendelssohn ein Hauptvertreter der deutschsprachigen Aufklärung, dessen philosophisches und ästhetisches Werk sich auch neuen literarischen Formen öffnete.
In den west- u. mitteleuropäischen Ländern schrieben die jüdischen Autoren meist in der Landessprache, ihre Werke wurden damit zu einem wichtigen Bestandteil der jeweiligen Nationalliteratur (H. Heine). Nur in Osteuropa, in Israel und in Nordamerika hat sich eine hebräische Literatur erhalten. Die jüdische Literatur des beginnenden 20. Jahrhunderts ist gekennzeichnet von der Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft. So sind Autoren wie F. Kafka, A. Döblin oder A. Zweig nicht ohne Berücksichtigung ihrer jüdischen Tradition zu verstehen. Wenige Autoren setzten nach dem Holocaust die problematische wie fruchtbare Arbeit fort, dabei ist bedeutsam, dass Dichter wie N. Sachs, P. Celan und W. Hildesheimer Deutsch in Deutschland nicht mehr schreiben wollten.
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