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Schnuller - Fluch oder Segen?

Happy Birthday, Beruhigungssauger: Vor 70 Jahren entwickelten zwei Zahnmediziner den Schnuller in seiner heute bekannten Form – es war der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Der Schnulli, Nuckel oder Duzi ist für viele Familien mit Babys ein ständiger Begleiter. Schließlich kann er wahre Wunder bewirken. Doch wie sinnvoll ist der Einsatz eines Schnullers überhaupt? Und wie klappt später die Entwöhnung?

Der Schnuller in seiner heutigen Form - weicher, kiefergerechter Kunststoffteil plus Schild - feiert seinen 70. Geburtstag.

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Babys haben einen angeborenen Saugreflex. Schon im Mutterleib nuckeln sie am Daumen und gleich nach der Geburt suchen sie die Brust der Mutter und beginnen zu trinken. Das Saugen dient dabei nicht nur der Nahrungsaufnahme. Durch die Nuckelbewegungen werden auch Hormone freigesetzt, die die Verdauung anregen und beruhigend wirken. Auf diese Weise vermittelt das Nuckeln dem Kind ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.

"Natürlich und kiefergerecht"

Diesen Effekt machen sich Eltern schon seit der Antike zunutze. Bereits im Alten Ägypten gab es Beruhigungshilfen in Form kleiner Tontiere. An ihnen konnten die Babys saugen, wenn die Brust der Mutter gerade nicht verfügbar war. In Europa sind frühe Formen von Schnullern mindestens seit dem Mittelalter bekannt.

Der Schnuller, wie wir ihn heute kennen, ist allerdings deutlich jünger: Er wurde 1949 von den Zahnmedizinern Adolf Müller und Wilhelm Balters entwickelt. Ihr "natürlicher und kiefergerechter Beruhigungssauger" war der erste Schnuller, der vorn abgeschrägt und an die Form des Gaumens angepasst war. Die Patente für diesen neuen Schnuller erhielt damals die Firma Mapa – sie kreierte mit dem Warenzeichen "NUK" als Abkürzung für "natürlich und kiefergerecht" die wohl bis heute bekannteste Schnullermarke.

Das Nuckeln entspricht einem menschlichen Saugbedürfnis und beruhigt ungemein. Trotzdem gibt es kaum einen Gegenstand der Babyausstattung, der so umstritten ist wie der Schnuller.

iStock.com, Orbon Alija

Risiko Saugverwirrung

Mit der Erfindung des Schnullers begann eine inzwischen 70 Jahre andauernde Erfolgsgeschichte. Doch gleichzeitig gibt es wohl kaum einen Gegenstand der Babyausstattung, der unter Eltern und Experten so umstritten ist wie dieser. Schnuller ja oder nein? Das ist eine immer wieder leidenschaftlich diskutierte Frage.

Das Argument für den Einsatz des Schnullers liegt auf der Hand: Er befriedigt ein angeborenes Bedürfnis und schafft es dadurch oftmals binnen Sekunden, das Baby zu beruhigen. Gegen den Beruhigungssauger spricht dagegen, dass er bei Stillkindern zur sogenannten Saugverwirrung führen kann. Sie saugen dann falsch an der mütterlichen Brust und schaffen es nicht, richtig zu trinken. Aus diesem Grund sollten Stillbabys immer erst dann einen Schnuller bekommen, wenn das Trinken an der Brust selbstverständlich klappt.

Auf die Dosis kommt es an

Vor allem im Dauereinsatz besteht zudem das Risiko, dass der Schnuller Zahnfehlstellungen begünstigt und die Sprachentwicklung beeinträchtigt. Denn mit dem Sauger im Mund können Babys schlechter Laute formen, ein wichtiger Schritt beim Sprechenlernen. Um solche Folgen zu verhindern, sollten Eltern einen möglichst weichen und anpassungsfähigen Schnuller wählen und zudem auf die richtige "Schnuller-Dosis" achten. Das heißt: den Schnuller nur in bestimmten Situationen nutzen und es im Zweifel erst einmal mit anderen Beruhigungsmaßnahmen wie Herumtragen versuchen.

Wer diese Regeln beherzigt, darf seinem Baby ohne schlechtes Gewissen einen Schnuller geben. Doch irgendwann heißt es: Abschied nehmen. Experten empfehlen, Kindern den Sauger nach dem ersten oder zweiten Lebensjahr abzugewöhnen. Aber wie? Wenn der heiß geliebte Schnuller gehen soll, stößt das mitunter auf heftigen Widerstand. Spätestens dann verfluchen viele Eltern, dass sie den Sauger überhaupt erst ins Spiel gebracht haben.

Die Idee des Schnullerbaums stammt ursprünglich aus Dänemark und breitet sich seit den 2000er-Jahren auch in Deutschland aus.

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Abschied nehmen

Das Patentrezept für eine unproblematische Schnullerentwöhnung gibt es wohl nicht. Während manche Kinder den Sauger schnell vergessen, brauchen manche eine langsame Entwöhnung. Oft funktioniert es, den Kindern den Schnuller immer seltener anzubieten oder ihn nur noch für ganz bestimmte Situationen wie das Zubettgehen zu nutzen. Auch kleine Notlügen oder Rituale können den Abschied vom Sauger erleichtern: Neben dem nächtlichen Besuch der Schnullerfee oder dem gemeinsamen Gang zum Schnullerbaum ist auch das Verschenken des Saugers an ein neues Baby aus dem Bekanntenkreis eine bewährte Strategie.

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