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Die erste deutsche Briefmarke
In den größeren Ländern wurde die Post nach 1806 zum Staatsbetrieb. Unter ihnen war es das Königreich Bayern, das um die Jahrhundertmitte eine in England entstandene Innovation übernahm: Am 1. November 1849 gab die bayerische Post die erste deutsche Briefmarke heraus, den „Schwarzen Einser“. Sie erschien in einer Auflage von 832 000 Stück und kostete einen Kreuzer.
Österreich, Sachsen und Preußen waren im Deutschen Bund die nächsten, die das Beispiel nachahmten. Zwölf weitere Staaten folgten. Zu philatelistischem Ruhm gelangte die Neun-Kreuzer-Marke des Großherzogtums Baden aus dem Jahr 1851. Sie wurde − warum auch immer – auf blaugrünem statt rosafarbenem Papier gedruckt. Der sogenannte „Baden-Fehldruck“ ist heute nur noch in drei Exemplaren erhalten.
Der neue starke Mann der Post
Im preußisch-österreichischen Krieg 1866 marschierten preußische Truppen in die Freie Stadt Frankfurt ein, besetzten die Zentrale der Thurn-und-Taxis-Post, jagten den letzten fürstlichen Postmeister Maximilian Karl aus dem Amt und machten damit einer fast 400-jährigen Firmentradition ein Ende. Gegen eine Entschädigung von drei Millionen Talern wurde das Unternehmen am 1. Juli 1867 mit der preußischen Post fusioniert.
Federführend war damals bereits der starke Mann des deutschen Postwesens bis zum Ende des Jahrhunderts, Heinrich Stephan, seit 1885 „von“ Stephan. Er sorgte dafür, dass Deutschland auch auf dem Sektor des Briefverkehrs den politisch vorgezeichneten Weg der Vereinheitlichung beschritt. In zähen Verhandlungen mit diversen Kleinststaaten nördlich der Mainlinie gelang es Stephan, den Zuständigkeitsbereich der preußischen Post auf das gesamte Gebiet des Norddeutschen Bundes auszudehnen, das fortan in sieben Landespostverwaltungen aufgeteilt war.
1872: ein gemeinsames Postrecht für das Deutsche Reich
Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 fiel Stephan, der seit April 1870 als Generalpostdirektor des Norddeutschen Bundes amtierte, die Aufgabe zu, die Post des annektierten Reichslandes Elsass-Lothringen und der drei süddeutschen Staaten zu integrieren. Vollständig gelang dies nicht. Als zum 1. Januar 1872 ein gemeinsames Postrecht für das neue Deutsche Reich in Kraft trat, blieben Bayern und Württemberg außen vor. Sie verloren ihre postalische Selbständigkeit erst 1920 in der Weimarer Republik.
In der deutschen Philatelie bildet das Jahr 1868 eine Zäsur (Gründung des Norddeutschen Postbezirks). Die bis dahin erschienenen Marken mit ihrer Vielfalt unterschiedlicher Wappen, Herrscherporträts und Währungsbezeichnungen bilden unter dem Oberbegriff der „Altdeutschen Staaten“ ein eigenes Sammelgebiet. Zu den meistverwendeten deutschen Marken der Jahre 1900 bis 1922 zählten die Wertzeichen mit dem Bild einer gekrönten und gepanzerten Germania im Jugendstil-Dekor.
Heinrich von Stephan bereicherte zahlreiche deutsche Stadtbilder durch imposante Post-Paläste. Unter seiner Ägide begann aber auch die Erschließung neuer Geschäftsfelder und Verkehrswege, die sich in den Jahrzehnten danach fortsetzte: Telegraphie seit 1876, Telefonie seit 1877, Personentransport in Postbussen seit 1906, Luftfracht seit 1919.
Versteigerung historischer Briefmarken
Vom 25. bis zum 30. September 2017 versteigert das Auktionshaus Heinrich Köhler in Wiesbaden zwei Sammlungen, die mit dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 zusammenhängen. Eine Kollektion umfasst rund 150 Briefe, die mit Ballons aus dem belagerten Paris befördert wurden. Im anderen Fall handelt es sich um Stücke unterschiedlicher Provenienz, darunter auch Ballonpost.