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Die Schweiz tickt anders

Die Schweizer pflegen ihre Traditionen und Eigenheiten. Auf Außenstehende wirkt das bisweilen irritierend. Die Schweiz gilt als kompliziert. Das beginnt schon mit der Kommunikation. Wo sonst in Europa gibt es vier offizielle Amtssprachen? Aber das ist noch nicht alles. Auch die Entdeckung der Langsamkeit wird den Schweizern zugeschrieben: Beim Streichen der Turmuhr schlägt der Stundenzeiger dem Eidgenossen bekanntermaßen den Pinsel aus der Hand. Aber in der Ruhe liegt auch die Kraft. Schweizer Bedachtsamkeit und Qualitätsarbeit sowie der sprichwörtliche Ordnungssinn haben die Schweiz zu einer Insel der Stabilität werden lassen. Schon deshalb können die Schweizer mit dem Spott der Nachbarn ganz gut leben. Denn: Die Schweiz ist ein innovatives und modernes Land. Ein kleines Binnenland mit hohen Löhnen, das praktisch keine Rohstoffe hat und jeden zweiten Franken im Ausland verdient, ist auf dauernde Erneuerung zwingend angewiesen.

Trotz sprachlicher Vielfalt: der Kitt hält

Ein bedeutendes Merkmal ist die sprachliche Vielfalt des Landes, in dem vier Amtssprachen zugelassen und entsprechend viele Sprachgruppen beheimatet sind. Der deutsche Sprachraum umfasst die Zentralschweiz, das östliche Mittelland und den Nordosten des Schweizer Jura. Französisch ist im übrigen Schweizer Jura, im westlichen Mittelland, im Waadt, am Genfer See sowie Unterwallis verbreitet. Italienisch wird im Tessin und in den südlichen Bündner Tälern gesprochen. Das Rätoromanische ist auf Graubünden beschränkt, kommt aber in fünf Dialekten vor.

Zudem verlaufen unzählige Grenzlinien zwischen den Sprachgruppen, zwischen und innerhalb der Kantone, zwischen katholischen und protestantischen Gebieten sowie zwischen Landstrichen mit eher konservativer und liberaler Bevölkerung. Gleichwohl eint die Eidgenossenschaft eine Erkenntnis, die wohl aus den vielen blutigen Bürgerkriegen bis 1848 erwachsen ist und zu einem Bundesstaat mit mehreren Einheiten führte. Manchmal überwiege die Solidarität in der Sprachgruppe, manchmal ein anderer Zusammenhalt, etwa ein kantonaler, konfessioneller, parteipolitischer oder regionaler, versucht der Schweizer Publizist Roger de Weck zu erklären. Alles sei mit allem verknotet. Die Schweizer leben aus Überzeugung und ständig aufs Neue im Kompromiss. Vielleicht liegt die Einigkeit auch darin begründet, dass die Bürgerinnen und Bürger das letzte Wort haben.

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