Lexikon
Lied
literarisch ein Gedicht kleineren Umfangs, ein- oder mehrstrophig; als musikalische Komposition die „Vertonung“ eines solchen Textes, deren Form von der Textstruktur bestimmt wird. Von der Entstehung her unterscheidet man Volkslied und Kunstlied, von der Besetzung her Solo- und Chorlied mit oder ohne Instrumentalbegleitung, vom Inhalt her weltliches und geistliches Lied. Im Bereich des Kunstlieds müssen das streng strophische Lied und das „durchkomponierte“ Lied unterschieden werden. Das Volkslied ist mündlich überliefert. Das Kunstlied ist für den solistischen Vortrag mit Instrumentalbegleitung bestimmt und stellt oft hohe Ansprüche an die Stimme. Man trennt auch nach Funktionen und tragenden Schichten Kampf-, Arbeits-, Tanz-, Kinder- und Studentenlied.
Im altgermanischen Bereich war das Heldenlied verbreitet; eine Rekonstruktion der Melodien ist aber kaum möglich. Am Anfang der Geschichte des Lieds als literarischer Gattung steht das geistliche Kunstlied (Pilgerlied des Ezzo um 1065). Infolge der Vorherrschaft des Lateinischen bildete sich erst im 12. Jahrhundert eine deutschsprachige Liedkunst. Das Lied des Mittelalters war meist einstimmig; die ersten Quellen für Mehrstimmigkeit im Lied stammen aus den letzten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts. Aus der Zeit der Einstimmigkeit ragen die Lieder der Troubadours, Trouvères und Minnesänger heraus, die Vorbild für die ebenfalls einstimmigen Lieder der Meistersinger waren. Bedeutende deutsche Liedsammlungen (Liederhandschriften) sind z. B. Carmina burana (11.–13. Jahrhundert) und das Glogauer Liederbuch (um 1450–1470). Der polyphone Stil des 15. und 16. Jahrhunderts beeinflusste auch die Liedkomposition stark, wobei Frankreich, Italien, Burgund und die Niederlande zunächst führten (Rondeau, Ballade, Virelai, Madrigal). In Deutschland traten Ende des 15. Jahrhunderts H. Finck und H. Isaac („Innsbruck, ich muss dich lassen“) als Meister des mehrstimmigen Lieds hervor. Im 16. Jahrhundert war der protestantische Choral als Gemeindelied ein Höhepunkt in der Geschichte des Lieds, das danach, im Generalbasszeitalter, lange Zeit verflachte und auch für die Wiener Klassik mehr Randerscheinung war. Nach dem Neubeginn der Berliner Liederschule (J. F. Reichardt, C. F. Zelter, J. A. P. Schulz), die schlichte, volkstümliche Lieder entwickelten, erhielt das Sololied mit Klavierbegleitung mit Werken wie Mozarts „Veilchen“ und Beethovens Gellert-Liedern erstmals hohes Niveau. F. Schubert erhob dann diese Art des Kunstlieds zu seiner musikgeschichtlichen Bedeutung, wobei die Aussage des Klavierparts unentbehrlich wurde. Ihm folgten mit bedeutenden Liedzyklen R. Schumann und J. Brahms. H. Wolf hielt sich streng an große Lyrik (Goethe, E. Mörike, J. von Eichendorff), deutete den Text auch vom Klavier her in einer bis dahin unbekannten Intensität. M. Reger, R. Strauss, H. Pfitzner, G. Mahler, A. Knab und J. Haas waren produktive deutsche Liedkomponisten der ausgehenden Romantik. Die deutsche Liedkunst der Romantik hatte starke Wirkungen auf das Ausland (E. Grieg, P. I. Tschaikowskij, O. Schoeck u. a.). Durch Mahler und Strauss erlangte zunehmend das Orchesterlied Bedeutung.
Mahler, Gustav (1)
Gustav Mahler
© Corbis/Bettmann
Tschaikowskij, Pjotr Iljitsch
Pjotr Iljitsch Tschaikowskij
© wissenmedia
Der Beginn der Moderne ist ganz entscheidend durch Liedkompositionen repräsentiert (A. Schönbergs „Buch der hängenden Gärten“ nach S. George op. 15, 1907/08, Zyklen seiner Schüler A. Berg und A. Webern). P. Hindemiths „Marienleben“ 1924 (2. Fassung 1948) nach Gedichten von R. M. Rilke, die Lieder von E. Krenek und M. Ravel ragen aus dem verhältnismäßig reichen Liedschaffen der Moderne heraus. Hatte das Lied in den 1950er und 1960er Jahren nur geringe Bedeutung, so trat es seit den 1970er Jahren, besonders in der Wiederaufnahme traditioneller Formen, wieder stärker hervor (A. Reimann). Die Tendenz zur Bearbeitung von Gedichten oder der Rückgriff auf Liedersammlungen des 19. Jahrhunderts hält bis heute an (G. Bialas, W. Rihm, M. Kagel).

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